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Bisherige Musterschüler sind enttäuscht

Von WZ-Korrespondent André Anwar

Politik
Zum Haareraufen: Abrutschen bei Pisa-Ergebnissen gibt Finnland und Schweden zu denken.

Sowohl Schweden als auch Finnland werden bei Pisa schlechter bewertet.


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Stockholm. Sowohl Schweden als auch Finnland erzielten lange gute Pisa-Resultate. Die Musterschüler haben dieses Mal aber schlechte Noten erhalten. Schweden verzeichnet einen Leistungsabfall. Und auch für das seit über einem Jahrzehnt bei der Pisa-Studie als Musterland abschneidende Finnland war die diesjährige Rangliste der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Enttäuschung.

Finnland verpasst Weiterentwicklung

In Mathematik fiel Finnland um 2,8 Prozent auf Platz 12. Obwohl noch immer am besten in Europa, verlor das Land auch in den Bereichen Lesen 1,7 Prozent (Platz 6) und in den Naturwissenschaften 3 Prozent (Platz 5). Der Schulexperte Pasi Sahlberg begründet die negative Entwicklung damit, dass sich das Land untätig auf alten Lorbeeren ausgeruht habe. "Wir haben in den letzten 12 Jahren keine systematische Führung oder Verbesserung unserer Schulen erlebt. Wir waren zu sehr damit beschäftigt, anderen zu erklären, warum wir so gut abschneiden, statt uns selbst auf die nächsten Schritte zu konzentrieren", kommentierte er.

Die Schulverwaltung habe bereits in den vergangenen fünf Jahren Verschlechterungen im Bereich Mathematik registriert und nichts getan. Finnlands gute Ergebnisse hätten stets damit zu tun gehabt, dass es im sozial ausgewogenen Land nur sehr wenig leistungsschwache Schulen gab. Wirtschaftlich geht es dem Land nun schlechter. Der Sozialstaat wird stark beschnitten. "Gestiegene Einkommensunterschiede und finanzielle Engpässe in einigen Kommunen sind wichtige Gründe", sagte Sahlberg. Inzwischen gebe es ein weitaus größeres Leistungsgefälle zwischen Schulen und unter Schülern, sagten auch zahlreiche andere finnische Schulexperten. Außerdem gingen weniger der jetzt geprüften Schülergeneration in den wirtschaftlich schwierigen 1990er Jahren in Kindergärten. Letztere sollen die Lernfähigkeit verbessern.

Schweden spricht von nationaler Krise

Auch Schweden ist beim Pisa-Ranking stärker abgefallen, als die meisten anderen Länder. Der sozialdemokratische Parteichef Stefan Löven sprach am Dienstag gar von einer "nationalen Krise". In allen drei Bereichen verloren die Schweden deutlich. Von 494 Punkten 2009 auf 478 Punkte für 2012. Sowohl in Mathematik, Lesen und den Naturwissenschaften befindet sich das traditionell starke Land nun unter dem Durchschnitt der OECD-Wertung.

Die sozialdemokratisch geprägte neunjährige Einheitsgrundschule, die als Ganztagesschule zumeist auch Mittagsessen und Hausaufgabenhilfe beinhaltet, rühmte sich bislang dafür, chancengleich dazu beigetragen zu haben, dass mehr als 90 Prozent aller Schüler später die Hochschulreife erlangen. Doch anscheinend, so die Reaktion des bürgerlichen Bildungsministers Jan Björklund, sei dies mit einem Leistungsabfall bezahlt worden und nicht damit, dass die schlechten Schüler von den guten lernen. Björklund will nach deutschem Modell eine Aufgliederung in akademische und berufliche Schulzweige einführen. Viel Schüler seien "schulmüde" und würden trotzdem bis zum Abitur durchgepeitscht, obwohl sie sich besser in Ausbildungsberufen fühlen würden. Das sei nicht gut für die Motivation.

Andere Experten wie der Pisa-Mitverfasser Andreas Schleicher machen die fortgeschrittene Deregulierung und Privatisierung des Schulsektors in Schweden mitverantwortlich. "Durch die erhöhte Autonomie sind gute und schlechte Schulen entstanden. Die guten Schulen haben sich weiter verbessert, die schlechten sind schlechter geworden. Sie konnten nicht von den guten lernen, da dieser Prozess zu wenig von oben gelenkt wurde", sagte er.