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Auf einem Dachboden hat man schon so manches gefunden. Auch Mitbewohner. Die sind dann aber eher mehr Eichhörnchen und eher weniger Menschen. Ziemlich sicher nie findet man da Anne Frank. Außer man ist die Hauptfigur in Shalom Auslanders "Hoffnung". In der Satire wird ein Mann von Anne Frank in seinem eigenen Haus terrorisiert. Anne Frank wird derzeit überraschend oft fiktionalisiert: Auch in der TV-Gruselserie "American Horror Story" wurde in die Psychiatrie des Grauens eine Frau eingeliefert, die sich für Anne Frank hielt. Also viel Präsenz des berühmten Naziopfers in den letzten Monaten. Aber dann kam Justin Bieber. Und stellte alles in den Schatten. Der Teenagerschwarm besuchte auf seiner Konzertreise das Anne-Frank-Haus und trug sich in das Gästebuch ein: "Wirklich inspirierend hierherzukommen. Anne war ein tolles Mädchen. Hoffentlich wäre sie ein Bieber-Fan gewesen."
Das ist natürlich eine beispielhaft unreflektierte Aussage. Und sie generierte empörte Zurechtweisungen. Mit Häme ist man gerade bei ihm schnell bei der Hand. Langsam kann er einem leidtun, der Bieber. Es ist ja schon die Frage: Wie viel Reflexion darf man erwarten von jemandem, der seit dem 15. Lebensjahr nichts anderes macht als recht banale Popmusik? Müssten nicht erwachsene Manager verhindern, dass er sich so blamiert? Ist es wirklich notwendig, dass das Anne-Frank-Haus ihn bloßstellt? Immerhin letztere Verantwortliche haben sich beeilt, festzustellen, dass es vor allem darum gehe, dass der Bursche überhaupt ins Museum gekommen sei. Stimmt. Denn wie sonst soll Justin Bieber auch lernen, wie das mit der Reflexion geht.