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Von Katharina Schmidt

Politik

Bankomatfunktion der Telekom selten so deutlich wie im laufenden Prozess.


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Eigentlich muss man die Sache gar nicht analysieren. Denn Rudolf Fischer hat es am ersten Verhandlungstag im Prozess um die vermutete verdeckte Parteienfinanzierung der Telekom in Richtung FPÖ im Jahr 2004 treffend formuliert: "Die Politik hat immer geglaubt, die Telekom ist ein Selbstbedienungsladen", so der Ex-Telekom-Vorstand, der sich der Untreue teilschuldig bekannte.

Dennoch ist diese "Bankomatfunktion" der Telekom, von der auch die Staatsanwaltschaft spricht, bisher noch selten so deutlich geworden wie an diesen beiden Prozesstagen. Was ist passiert? Im Jahr 2000 ging die Telekom an die Börse, die Staatsholding ÖIAG hält seither noch 28,42 Prozent. Drei Jahre später ging es dem Unternehmen, das damals noch vom Mobilfunker Mobilkom getrennt war, denkbar schlecht, die Kunden sprangen zu Tausenden ab. Es war klar: Irgendwann würde man sich einen internationalen Partner suchen müssen, sagte Fischer im Prozess. Und dafür brauchte man die Unterstützung der Regierung. Doch das Verhältnis zum Regierungspartner FPÖ -die beiden für das Unternehmen wichtigen Ressorts Finanzen Infrastruktur waren blau - war getrübt. Grund dafür war laut Fischer ein Streit zwischen Telekom und Finanzressort um die Zahlung von Pensionsbeiträgen für Telekom-Mitarbeiter. Es war den Managern also daran gelegen, "ein positives Stimmungsbild zur FPÖ zu bekommen". In diesem Klima der Abhängigkeit verwundert es nicht, dass die Telekom-Manager empfänglich für Versprechungen waren.

Auf der anderen Seite stand etwas, das ebenfalls bereits medial getauft wurde: das System Haider. Der ehemalige FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann zog an sämtlichen Strippen, sein Name taucht auch bald fünf Jahre nach seinem Tod immer wieder vor Gericht auf - sei es nun in Wien oder in Klagenfurt. Er wollte seinem Freund Gernot Rumpold trotz dessen Zerwürfnisses mit der FPÖ Aufträge zuschanzen und wandte sich daher an Fischer. Der beauftragte den Prokuristen Michael G., mit Rumpold in Kontakt zu treten - und schon waren 600.000 Euro weg. Die Gegenleistung, vier "Präkonzepte" (das Wort gibt es in der Werbebranche laut Experten gar nicht), landeten ungenutzt in einem Stahlschrank, wo sie Jahre später die Korruptionsbekämpfer fanden. "Lobbying Fee" nannte das Prokurist G.

Natürlich bestreiten alle Angeklagten, etwas von einem Drei-ecksdeal (der Telekom-Auftrag kam kurz vor dem Schuldenerlass Rumpolds zugunsten der FPÖ) gewusst zu haben - die von der Telekom wussten nichts von Rumpolds Deal mit der FPÖ und die von der FPÖ wussten nichts von Rumpolds Deal mit der Telekom. Und auch sonst will mittlerweile keiner mehr etwas mit diesem System zu tun gehabt haben. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache betonte am Freitag, die handelnden Personen seien alle zum BZÖ gewechselt. Die Orangen erinnerten ihn daran, dass er 2004 selbst stellvertretender FPÖ-Chef gewesen sei.

Eigentlich muss man die Sache wirklich nicht analysieren. Es reicht, staunend zuzuschauen.