Gebührenfreie Unis, kostenpflichtige Kindergärten - so manches steht kopf in Österreich.
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"Wir bieten nun eine ganztägige Betreuung für Kinder ab 0 Jahren an. Das ist alternativlos. Die Zuwanderer, die wir in den Betrieben brauchen, verlangen das. Junge Frauen sollen, wollen und müssen arbeiten, denn von unserer schönen Landschaft allein kann man nicht leben." So lautet der Befund des Regionalmanagers eines Landstrichs, der einst den Makel einer "strukturschwachen Region" trug.
Kinderbetreuung ab 0 Jahren? Wann beginnt Bildung? Spätestens dann, wenn Kinder beginnen, sich ein Bild zu machen von dem, was sie umgibt - also in dem Moment, wenn sie nach der Geburt ihre Augen öffnen und Bilder in sich aufnehmen, die ihre Synapsen sprießen lassen, und sie so zu denkenden Geschöpfen werden. Dies ist ebenso Fakt wie die Notwendigkeit stabiler Beziehungen zu einer Bezugsperson. Diese muss nicht zwingend ein Elternteil sein. Aber eine Kinderbetreuung, deren Personal fluktuiert und die wegen "numerischer Überlegenheit der Kinder" - 25:2, oft eher 25:1 - nicht wirklich tragfähige Beziehungen aufbauen kann, ist das Gegenteil dessen, was aufgrund von Fakten nötig wäre. Länder, die einen Katzensprung von uns entfernt sind, schaffen Betreuungsverhältnisse von 1:12, in Skandinavien sogar 1:3! So ist altersgerechte Bildung möglich, 2:25 kann im besten Fall unfallfreie Aufbewahrung bieten.
Wie kommt es, dass eines der reichsten Länder der Welt nicht die finanziellen Mittel aufbringt, um für eine adäquate frühe Kinderbildung und -betreuung zu sorgen, die anderswo selbstverständlich ist? Hieße dies, karrierebesessene Rabenmütter zu unterstützen? Nein, das intendierte ökologische Wirtschaftswachstum und die klimabewusste Prosperität brauchen alle Arbeitswilligen und Arbeitsfähigen. Es braucht sowohl manuelle und digitale Arbeit als auch Kreativ- und andere Kopfarbeit auf höchstem Niveau.
Die Gründe für Österreichs Nachholbedarf sind - wieder einmal - historische. Joseph II. verbot vergleichsweise sehr früh die Kinderarbeit, was eine gesellschaftliche Abwertung der Kinder zur Folge hatte, denn sie trugen damit nicht mehr zum Haushaltseinkommen bei und galten als "unnütze Esser". (Das Verbot der Kinderarbeit stand übrigens in Zusammenhang mit der Einführung der Schulpflicht 1774 und dem durch die Kinderarbeit bedingten sehr lückenhaften Schulbesuch der Kinder.)
Diese "historische Frühprägung" in Bezug auf Kinder gehört jetzt, nach einem Vierteljahrtausend, endlich entsorgt. Was braucht es, damit Kinder jeglichen Alters jene Bildung erhalten, die ihren Begabungen, ihren Stärken und Schwächen entspricht? Heute weiß man, dass das Gelingen von Bildung zu 90 Prozent vom konkreten Tun der Pädagogen abhängt, und zwar in einem geeigneten, also hilfreichen Umfeld. Die Direktorin einer sogenannten Brennpunktschule in Wien hat nur einen einzigen Wunsch an die nächste Regierung: "Bitte schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, dass wir in der nötigen Ruhe zum Nutzen der Kinder arbeiten können!" Dem ist nichts hinzuzufügen. Es gilt, Bildung durchdacht und plangeleitet, zukunftsorientiert und daher mehrere Legislaturperioden übergreifend zu gestalten.