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"Bitte nur langfristige Maßnahmen!"

Von Walter Hämmerle

Wirtschaft

Felderer rät zu Investitionen in Infrastruktur und Forschung. | Skepsis bei vorgezogener Entlastung. | "Haftungen bei Budget mitbedenken." | "Wiener Zeitung": SPÖ und ÖVP kündigen angesichts der schweren Finanzkrise ein Konjunkturpaket an, das bereits am 28. Oktober beschlossen werden soll. Über die konkreten Inhalte hüllt sich die Politik noch in Schweigen, was sollte aus Ihrer Sicht enthalten sein?


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Bernhard Felderer: Wie das Paket genau aussieht, weiß ich auch nicht, ich war nur bei der Expertendiskussion darüber bei. Grundsätzlich sollte man in einer solchen angespannten Situation nur Maßnahmen beschließen, die auch langfristig wirken und nicht rasch wieder verpuffen. Investitionen in die Infrastruktur sowie in Forschung und Entwicklung sind immer richtig, egal, wann sie gemacht werden.

Wie könnten solche Maßnahmen umgesetzt werden?

Etwa in Form eines Forschungsfreibetrag, das wäre sicher zielführend, möglich ist aber auch, dass man Forschungseinrichtungen finanziell stärker fördert und die Kooperation mit Unternehmen unterstützt. In diesem Bereich gibt es eine breite Palette an Optionen. In der Extremsituation, in der wir uns befinden, könnte auch ein Investitionsfreibetrag sinnvoll sein - eigentlich bin ich hier zwar eher skeptisch, weil es beim Investitionsfreibetrag normalerweise einen großen Mitnahmeeffekt gibt, aber in der momentanen Situation, wo es zu einem völligen Stillstand gekommen ist, ist das anders.

Ist ein Vorziehen der Steuerentlastung sinnvoll?

Wir dürfen die Finanzierungsseite nicht aus den Augen verlieren, immerhin könnte es sein, dass der Staat noch beträchtliche Mittel für die Stützung von Banken bereitstellen muss. Danach sieht es im Moment zwar nicht aus, man kann es aber auch nicht gänzlich ausschließen, schließlich stellen sich derzeit in ganz Europa die Staaten darauf ein, Banken aufzufangen. Auf diese Situation muss man vorbereitet sein.

Zum anderen dürfen wir nicht vergessen, dass wir - trotz gestiegener Einnahmen - auch 2008 ein Budgetdefizit schreiben. Hinzu kommen die Maßnahmen, die kurz vor der Wahl beschlossen wurden, und wenn man dann noch eine Entlastung hinzurechnet, dann würde das Budgetdefizit deutlich über zwei Prozent liegen. Das wäre aber nur bei einem dramatischen Konjunktureinbruch zu verantworten, immerhin belasten diese Schulden die nächsten Generationen.

Der Staat gibt Haftungsgarantien über gewaltige Summen ab - müsste man das nicht korrekterweise ins Budget hineinschreiben?

Man kann es machen, muss es aber nicht, aber man sollte es unbedingt bei der weiteren Budgetplanung mitbedenken. Diese Haftungen waren nicht vorherzusehen, was wir erleben ist einmalig seit 1945, der Staat hat in so einem Moment auch besondere Aufgaben. Jetzt geht es nicht mehr nur darum, Liquidität zur Verfügung zu stellen, was die ureigenste Aufgabe der Zentralbanken ist, sondern um Eigenkapital.

Es gibt noch kein Budget für 2009 - ein Problem?

Nein, das hatten wir schon öfters, man schreibt dann einfach das bestehende Budget via Zwölftelregelung fort. Wichtiger ist, dass sich die künftige Regierung ein kluges Reformpaket ausdenkt und dann auch umsetzt.

Steht Europa vor dem Zusammenbruch der Maastricht-Regeln, die das zulässige Budgetdefizit mit drei Prozent des BIP begrenzen?

Nein, weil bereits im Maastricht-Vertrag drinnen steht, dass in Ausnahmesituationen auch ein höheres Budgetdefizit erlaubt ist. Das wirkliche Problem ist, dass wir auch in der Hochkonjunktur uns weiter verschuldet haben.

Wie steht Österreichs Wirtschaft in einem Jahr da?

In unseren Prognosen sind wir davon ausgegangen, dass sich die Krise 2009 beruhigen wird. Dauert sie allerdings an, sind schwerwiegendere Folgen nicht ausgeschlossen. Ich kann aber nach wie vor nicht glauben, dass die ganze Welt auf Dauer verrückt spielt. Rational erklärbar ist das alles nicht mehr.

"Der Staat hat in so

einem Moment auch

besondere Aufgaben"