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Beim Betrachten der ORF-Nachrichten überkommt mich häufig ein tiefes Sehnen nach Stille. Das hängt einerseits mit der österreichischen Innenpolitik zusammen, in der die einen an Humpdump-Sprachverwirrungen leiden und die anderen ihre Neigung zu infantilen Krawattenmustern auch noch willig kommentieren.
Das Verlangen nach Stille ist aber auch dem immensen Krawall geschuldet, den der ORF jeden Abend um das "Wetter" herum veranstaltet, um die Seher auf die Sensationen seines Abendprogramms hinzuweisen. Vor lauter Geschrei hört man nicht, was kommt, und findet hoffentlich andernorts die gesuchte Ruhe: 3sat zeigte um 20.15 Uhr Myriam Halberstams 1999 vom NDR produzierten, schönen Dokumentarfilm "Fleißig, gesund, ledig" über junge Frauen, die 1949 nach Island auswanderten. Die Frauen sollten als landwirtschaftliche und hauswirtschaftliche Helferinnen arbeiten, und einige von ihnen sind im hohen Norden geblieben. Abgesehen vom abenteuerlichen Schicksal dieser Frauen, die Melken und Heuen im Crash-Kurs erlernten, wurde Island ins Blickfeld gerückt. Der Anblick manch einer noch mit Grassoden bedeckten Hütte erinnerte an Halldor Laxness' wunderbar-schrecklichen Roman "Sein eigener Herr". Der nachfolgende Film über "Prag 2000" dagegen litt sehr darunter, dass der Günter Schilhan und sein Kameramann Erhard Seidl offenbar gerade den Knopf für die Zeitraffereinstellung entdeckt hatten, den sie dann fest drückten, wenn gerade Gemälde oder Fotographien anzuschauen gewesen wären . . .