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Bitterer Sieg für Sharon

Von Rainer Mayerhofer

Politik

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Mit 30,8 Prozent der Stimmen und 37 Mandaten konnte Israels Ministerpräsident Ariel Sharon am Dienstag zwar einen beachtlichen Wahlerfolg erringen, der sich aber noch als bitterer Sieg erweisen könnte. Die Arbeiterpartei, die von 25 auf 19 Mandate zurückfiel und nur noch 15,8 Prozent der israelischen Wähler überzeugen konnte, will sich nämlich nicht mehr an einer Regierung unter Sharons Führung beteiligen. Sharon wiederum hat bereits am Wahlabend vor seinen Anhängern betont, dass er nicht vorhabe, eine Regierung nur unter Einschluss der kleinen Rechtsparteien und der Ultraorthodoxen zu bilden, die zwar eine numerische Mehrheit in der Knesset hätte, aber kaum eine lange Lebensdauer. Und der alte und auch neue Regierungschef - Sharon ist der erste israelische Ministerpräsident seit 20 Jahren, der in Wahlen bestätigt wurde - ließ auch keinen Zweifel daran aufkommen, dass er angesichts der schwierigen außenpolitischen und wirtschaftlichen Situation des Landes wieder eine Koalition der nationalen Einheit bilden möchte und die Arbeiterpartei notfalls durch die Ausschreibung von Neuwahlen in ein solches Kabinett zurückzwingen will.

Der neue Chef der Arbeiterpartei und noch amtierende Bürgermeister von Haifa, Amram Mitzna, hat am Wahlabend seien Aussage aus dem Wahlkampf bekräftigt, dass seine Partei nicht in eine Koalition mit Sharon gehen werde. Sharon wiederum hat in seiner Rede dazu aufgerufen, den Wahlkampf zu vergessen und er zitierte den 1995 ermordeten sozialdemokratischen Premier Jitzhak Rabin, der vor zehn Jahren bei einer Zeremonie gesagt hatte: "Wir müssen zusammenstehen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, zum Wohl des Landes über persönliche und parteiliche Betrachtungen hinweg". Sharon bekam für dieses Zitat von seinen Anhängern nicht nur Applaus, sondern auch einige kräftige Pfiffe.

Für eine Regierungsbeteiligung der Arbeiterpartei spricht sich aber auch der zweite Wahlsieger vom Dienstag, der Vorsitzende der säkularen Shinui-Partei, Tommy Lapid, aus. Er versäumt nicht darauf hinzuweisen, dass mit der Arbeiterpartei eine Mehrheit jenseits der religiösen und orthodoxen Parteien möglich ist, die bisher stets die Rolle der Königmacher innehatten und sich das teuer bezahlen ließen.

Trotz einer vernichtenden Wahlniederlage - Amram Mitzna wurde sogar in seiner Heimatstadt Haifa geschlagen, wo Likud 28,2, die Arbeiterpartei aber nur 22,3 Prozent erreichte, und bekam landesweit von den Erstwählern gerade noch 4 Prozent der Stimmen - bleibt die Arbeiterpartei bis auf weiteres im Rennen und nicht nur der Parteichef meinte am Wahlabend, dass man nicht allzu lange auf den Oppositionsbänken sitzen werde.