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Bittersüßes Zuckerl für Familien

Von Katharina Schmidt

Politik

Dreistufiges Plus bei Familienbeihilfe, aber keine langfristige Lösung.


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Wien. Das lustige Gebrabbel hat während der gesamten Pressekonferenz angehalten. Für die Präsentation ihres neuen Familienbeihilfe-Modells hat sich Sophie Karmasin nämlich medienwirksam Unterstützung von den ganz Kleinen geholt. Auch der Ort war PR-technisch bewusst gewählt: Im Kindertheater Dschungel im Wiener Museumsquartier posierte die Neo-Familienministerin vor dem Pressebriefing zwischen Kleinkindern und bunten Spielschläuchen.

Und dann trat sie an, um die Familienkompetenz der Regierung und der Volkspartei unter Beweis zu stellen. Einer der Hauptkritikpunkte an der bisherigen Form der Familienbeihilfe ist, dass sie seit dem Jahr 2000 nicht erhöht wurde, was einen Wertverlust von 30 Prozent zur Folge hätte. Karmasin gab zwar zu, dass die direkte Geldleistung seit 2006 insgesamt unterhalb der Inflationsrate gestiegen und die steuerlichen Leistungen sogar zurückgegangen sind. Dafür habe man in diesem Zeitraum massiv in Sachleistungen wie etwa Kinderbetreuung investiert - Karmasin spricht von einer Steigerung um mehr als 90 Prozent seit 2006. "Familie ist den Menschen in Österreich sehr wichtig", schloss sie aus ihren Zahlen. Und: "Die Kinder, die wir uns wünschen, sollten wir bekommen."

Daher macht sie nun ernst mit der Ankündigung, die Familienbeihilfe zu erhöhen. Allerdings nicht in dem Ausmaß, wie es die Regierung noch im vergangenen Jahr vor der Nationalratswahl angekündigt hat. Auf der ersten "Teambuilding"-Klausur Mitte Jänner hatte die neue SPÖ-ÖVP-Koalition als einen der wenigen konkreten Beschlüsse 830 Millionen Euro mehr bis 2018 für die Familienbeihilfe paktiert. Außerdem wurden 350 Millionen für die Kinderbetreuung und 400 Millionen für den Ausbau schulischer Tagesbetreuung versprochen.

Am Freitag erläuterte Karmasin, wie sie die 830 Millionen konkret einsetzen will: Sie plant eine dreistufige Erhöhung - mit 1. Juli sollen alle Beihilfen um 4 Prozent angehoben werden, ab 1.Jänner 2016 und ab 1. Jänner 2018 soll die Beihilfe jeweils noch einmal um 1,9 Prozent steigen. Auch die Geschwisterstaffel - ein zusätzlicher Betrag von derzeit 6,40 Euro pro Kind bei Familien mit mehreren Kindern - wird in diesem Ausmaß erhöht. Das Schulstartgeld von einmalig 100 Euro für 6- bis 15-Jährige im Herbst, das die Regierung eigentlich abschaffen wollte, bleibt erhalten. Auch Mehrkindzuschlag und Kinderabsetzbetrag werden nicht verändert.

Auf wackeligen Beinen: Nach 2018 ist alles offen

Damit hat die Regierung zwar die Forderung nach einer Erhöhung der Familienbeihilfe erfüllt - die ursprünglich angedachte Inflationsanpassung ist aber nicht gegeben. So meinte Karmasin: Sie habe von einer "Wertanpassung" gesprochen, und 1,9 Prozent alle zwei Jahre könnten als solche gelten. Mehrmals betonte die Ministerin, dass auch ihr eine jährliche Anpassung lieber gewesen wäre, sie aber eben nur 830 Millionen Euro zur Verfügung habe und daher unter Sparzwang stehe. Aber "ich werde alles daran setzten eine jährliche Anpassung zu fordern", sagte Karmasin. Mit dem vorgelegten Modell ist unklar, was nach 2018 passieren soll.

Auch an der Auszahlungsform hat sich nichts geändert. Bereits im vergangenen Jahr hatten zunächst Arbeiterkammer und Industriellenvereinigung, später die SPÖ, dann die ÖVP und schließlich die beiden damals als Spiegelminister für Familien verantwortlichen Rudolf Hundstorfer und Reinhold Mitterlehner Konzepte vorgelegt, wie das komplizierte System der Familienförderungen vereinfacht werden könnte. An der stufenweisen Auszahlung je nach Alter des Kindes alle zwei Monate wird sich nun nichts ändern, auch wenn die Ministerin hier ebenfalls einen Nachdenkprozess ankündigte.

"Ein erster Schritt indie richtige Richtung"

Und was sagt der Koalitionspartner? Karmasins SPÖ-Gegenüber, Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, hatte schon lange vor der Wahl weitreichende Reformen ventiliert. "Das ist akkordiert, sonst hätte die Familienministerin es nicht vorgestellt", hieß es nun knapp aus ihrem Büro. SPÖ-Familiensprecherin Angela Lueger sieht die Erhöhung "grundsätzlich positiv", wünscht sich aber ebenfalls eine Vereinfachung des Systems. Für die FPÖ ist die Erhöhung "Schall und Rauch", und auch für die Grünen und das Team Stronach ist sie nicht ausreichend.

Ebenfalls weiteren Verbesserungsbedarf ortet der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer. Er rät dazu, weitere Valorisierungen nur mit Bedacht vorzunehmen, da die Geldleistungen ohnehin schon hoch seien. Die Balance zwischen Transfer, Kinderbetreuung und Steuern müsse verbessert werden. Wolfgang Mazal, Leiter des Instituts für Familienforschung, sprach von einem "ersten Schritt in die richtige Richtung". In der Sozialpolitik müsse man eben eine Politik der kleinen Schritte verfolgen.