Eine Stadt in der Wüste: Plötzlich erscheinen am Horizont Militärhubschrauber und greifen an, vom Boden aus werden sie von kläglich ausgerüsteten Kriegern beschossen - eine Szene, wie man sie bis vor kurzem täglich auf CNN verfolgen konnte. Aber nein, ich hatte das "Vergnügen", letztes Wochenende den neuesten Film von Ridley Scott sehen zu können. "Black Hawk Down" geht zurück ins Somalia des Jahres 1993. Bill Clinton schickte Spezialtruppen nach Mogadischu, um dort Mohamed Farah Aideed "sicherzustellen". Aideed war einer der warlords, die zu dieser Zeit die Stadt - und somit auch die Hilfsgüterlieferungen - unter Kontrolle hatten.
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Am Anfang stellt sich natürlich sofort die Frage, ob in solchen Zeiten Kriegsfilme dieser Art nicht etwas unmoralisch erscheinen. Auf der einen Seite der Welt tobt ein furchtbarer Krieg, auf der anderen - reicheren - Seite gehen die Leute ins Kino, um sich mit Hilfe des Entertainment-Faktors Krieg zu unterhalten. Die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach. Die Vereinigten Staaten stehen nach den Ereignissen vom 11. September nach wie vor unter Schock. Da kann Präsident George W. Bush noch so oft vors Volk treten und für eine Normalisierung, vor allem der Wirtschaft, plädieren. Es wird noch viel künstliches Blut in Hollywood vergossen werden müssen, bevor die USA diesen Anschlag auf ihre viel gepriesene Freiheit verdaut haben. Genau bei diesem Prozess, dem Verdauen und Aufarbeiten dieser Ereignisse, sollen Filme dieser Art helfen. Es begann schon vor Weihnachten, als mit grossem Getöse "Der Herr der Ringe" wie eine Seuche über uns kam. Natürlich muss man eingestehen, dass diese Filme schon lange vor dem 11. September abgedreht und die Filmstarts fixiert waren, aber zur Aufhebung der Moral eignen sich solche Filme bestens. Am 1. März schon kommt der nächste "feel good"- Streifen (wie Amerikaner das so gerne nennen) in die Kinos. Diesmal ist es Mel Gibson, der sich in "We were soldiers" nach Vietnam begibt, um dort für amerikanische Werte zu kämpfen.
Aber zurück zu "Black Hawk Down". Unter dieser Bezeichnung versteht man einen Militärhubschrauber, wie er von den US-Truppen benutzt wird. Genau zwei solcher Maschinen werden bei einer Militäraktion inmitten Mogadischus von Aideeds Männern abgeschossen. Bei der darauffolgenden Rettungsaktion starben an einem Tag 18 amerikanische Soldaten und mehrere Hundert Somalis.
Rassistische Darstellung eines unverstandenen Feinds
Auf die cineastischen Schwächen und den degressiven Qualitätsverlust von Scotts Filmen über die Jahre möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Ich will viel mehr auf den offensichtlichen Rassismus hinweisen, der hier unter dem Deckmantel der oben genannten Rehabilitierungsphase der Amerikaner etabliert wird. Wie Roboter rennen da übertrieben gewalttätig dargestellte Somalis herum, getrieben von einem Hass, der sich einfach nicht erklären lässt. Schreiend werden die guten, weißen, tapferen, blendend aussehenden (diese Liste kann nach Belieben weitergeführt werden) US-Marines von den wilden "Skinnies" (skinny bedeutet soviel wie dünn, mager) niedergemetzelt. Nur mit Stöcken bewaffnet, verfolgen Männer, Frauen und Kinder die Soldaten durch die Stadt, die sich natürlich nur durch ihre überlegene Intelligenz und High-Tech-Bewaffnung zu helfen wissen.
Es scheint, als würden den Drehbuchschreibern in Hollywood schön langsam, aber sicher die Schauplätze ausgehen. Vietnam ist ganz einfach zu abgedroschen, Irak war auch schon zu oft zu sehen, und Russland ist ja eigentlich nicht mehr wirklich ein Feind. Also nehmen wir einfach die Afrikaner her und zeigen wir unserem Volk, wie tapfer und patriotisch wir gegen sie gekämpft, wenn auch nicht gewonnen haben. Vielleicht wäre meine Kritik noch vor einem Jahr nicht so vehement ausgefallen, da sich zu dieser Zeit die Welt doch noch in einer anderen Gemütslage befand, aber auch damals wäre mir beim Ansehen rassistischer Propaganda in diesem Ausmaß zumindest ein bisschen übel geworden.
Der Film "Black Hawk Down" von Ridley Scott kommt am 22. 2. 2002 in Österreichs Kinos.
In den Hauptrollen zu sehen: Josh Hartnett, Ewan McGregor und Tom Sizemore. Nährere Informationen gibt es unter:
http://us.imdb.com
Der Autor ist Korrespondent von "Radio Afrika International", derzeit in London