Fredrik Reinfeldt steht vor einer Mammutaufgabe: Zwar ist noch nicht klar, wann genau mit dem Lissabonner Vertrag die neue EU-Rechtsgrundlage in Kraft tritt. Doch der schwedische Premier und amtierende EU-Vorsitzende will schon beim EU-Gipfel Ende Oktober ein neues Personalpaket für die künftige EU-Spitze schnüren. Neu sind dabei der EU-Ratspräsident und der EU-Außenminister, der gleichzeitig Vizepräsident der EU-Kommission sein wird. Klar ist bisher lediglich: Namen kursieren viele, fix ist noch nichts.
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So wird der frühere britische Premier Tony Blair am häufigsten als neuer EU-Ratspräsident genannt. Zu Recht argumentieren britische Medien, dass es sich bei Blair um den einzigen politischen Weltstar auf der Liste der möglichen Kandidaten handelt. Ihm würden wohl auch die Regierungen Russlands, Chinas und Indiens zuhören, wenn er im Namen der EU spricht.
Doch vor allem die Benelux-Länder mögen den Briten nicht. Er war ein Rädelsführer im ungeliebten Irak-Krieg und kommt aus einem Land, dass von vielen EU-Projekten wie dem Euro oder dem Schengen-Raum nichts wissen will.
Der Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker hat mit Blair noch eine persönliche Rechnung offen: Der Brite hat ihm vor vier Jahren den Luxemburger EU-Vorsitz verdorben, weil er die Verhandlungen zum EU-Rahmenbudget 2007 bis 2013 platzen ließ. Mit dem niederländischen Premier Jan Peter Balkenende und dessen belgischem Kollegen Herman van Rompuy scharren zudem einige Benelux-Kandidaten selbst in den Startlöchern für den Sessel des Ratspräsidenten.
Auch Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso dürfte mit Blair wenig Freude haben: Der neue Job bringt zwar formal nur die Aufgaben, EU-Gipfeln vorzusitzen und politische Leitlinien auszugeben. Doch Blair würde sich kaum bloß als Frühstücksdirektor gerieren und wohl wenig Mühe haben, dem blassen Portugiesen auf der Weltbühne die Show zu stehlen.
Entscheidend ist die Unterstützung der großen Mitgliedsstaaten. Während Frankreich und Italien eher für den Briten sind, scheint unklar, wen die deutsche Kanzlerin Angela Merkel favorisiert. Sie soll nichts gegen Blair haben; die Niederländer meinen aber, sie sei eher für Balkenende, und die deutsche "Welt" tippt sogar auf den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel als Merkel-Favoriten.
Völlig offen ist zudem das Rennen um den formal mächtigeren EU-Außenminister. Der bisherige EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn aus Finnland und der schwedische Außenminister Carl Bildt werden häufig genannt, sollen aber beide nicht allzu große Chancen haben. Erfahrene EU-Diplomaten glauben, dass das Personalpaket erst beim EU-Gipfel am 29. Oktober von den Staats- und Regierungschefs höchstpersönlich festgezurrt wird.