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Blair führt Ausweispflicht wieder ein

Von Christoph Sator

Politik

Unterhaus stimmt der Einführung von ID-Cards zu. | Für viele Briten unpopuläres Relikt aus der Kriegs-Ära. | London. (dpa) Die Vorstellung, dass man von einem Uniformierten mit "Papiere, bitte!" angesprochen wird, ist für Briten eine ziemliche Zumutung. Solch unfreundliche Aufforderungen sind den Briten allenfalls aus dem Zweiten Weltkrieg bekannt. Das wird sich ändern: Mit klarer Mehrheit hat das Unterhaus am Montagabend in London das Vorhaben von Premierminister Tony Blair gebilligt, wieder Personalausweise einzuführen.


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Die Rückkehr zur Ausweispflicht soll schrittweise erfolgen. Wenn das Oberhaus zustimmt, was nach einigem Streit jetzt praktisch als sicher gilt, soll von 2008 an zunächst einmal jeder Brite eine "Identity Card" bekommen, der einen neuen Pass beantragt. Die neuen Plastikkarten sollen dann aber auch mit biometrischen Merkmalen wie Fingerabdruck, Augenmuster und Gesichtsform ausgestattet sein. Bevor dann wirklich jeder der 38 Millionen Briten über 16 Jahren eine "ID Card" bekommt, soll das Parlament nochmals entscheiden.

Bruch mit der Tradition

Die vorsichtige Annäherung an die neue Gesetzgebung hat ihre Gründe. Zum einen liegt dies daran, dass der Labour-Regierungschef bei seinen Plänen auf die wachsende Zahl von Kritikern im eigenen Lager Rücksicht nehmen muss. Zum anderen ist die Wiedereinführung von Ausweisen ein Bruch mit britischer Tradition. Schon die Magna Charta von 1215 sicherte jedem Untertan des Königs Reisefreiheit zu. Bis 1829 gab es im ganzen Land keine Polizei. Bis heute hat ein "Bobby" ein anderes, zivileres Selbstverständnis als ein deutscher Polizist. Die Ausweispflicht ist auf der Insel mit Zweiten Weltkrieg verbunden. Damals wurden Kennkarten eingeführt, um deutsche Spione leichter enttarnen zu können. 1952 wurden sie von Premierminister Winston Churchill dann wieder abgeschafft. Margaret Thatcher hielt Ausweise für eine ausgesprochen "germanische Idee", mit der der Staat seine Bürger gängelt.

Für Auslandsreisen benötigen die Briten zwar ihren Reisepass. Im Alltag - auf der Bank, beim Arzt oder beim Abschluss eines neuen Handy-Vertrags - reichen in der Regel Führerschein sowie eine Wasser- oder Stromrechnung aus, um sich auszuweisen. Nur älter als drei Monate dürfen die Rechnungen nicht sein. Die Einführung von Ausweisen wird von Kritikern deshalb als Vorstufe zum Überwachungsstaat gebrandmarkt.

Nun ist es allerdings nicht so, dass die Briten weniger unter Beobachtung stünden als andere EU-Staaten: Nirgends sonst gibt es so viele Überwachungskameras auf den Straßen. Der Nationale Gesundheitsdienst erfasst jeden Patienten genau, der Fiskus jeden Steuerpflichtigen ebenfalls, und selbst die Mahnung der Rundfunkgebührenzentrale lässt nach einem Umzug nicht lange auf sich warten. Aber das sind die Briten schon gewöhnt.