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Schatzkanzler stellt sein letztes Budget vor. | Brown von Mitarbeiter als "Stalinist" verunglimpft. | London. (apa) Dass mit dem britischen Schatzkanzler Gordon Brown nicht gut Kirschen essen ist, spüren die Wähler schon lange instinktiv. Umfrage nach Umfrage weist seine Unbeliebtheit aus. Nach der letzten Untersuchung im Auftrag des "Guardian" liegen die Konservativen bei der Direktkonfrontation ihres Spitzenmannes David Cameron mit Brown mittlerweile schon 15 Prozentpunkte in Führung.
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Zu den verheerenden Umfragewerten ihres erwarteten künftigen Premiers Brown, der noch vor dem Sommer Tony Blair im Amt des Regierungschefs ablösen soll, haben die Briten jetzt ihre Vorbehalte noch bestätigt bekommen. In einem beispiellosen Ausbruch schildert Lord Turnbull, einer höchsten Beamten des Landes und jahrelang enger Mitarbeiter Browns, in einem Interview mit der "Financial Times" den Schatzkanzler als "gnadenlosen Stalinisten", der seine Kabinettskollegen "mit äußerster Verachtung" behandle und "keine Diskussion über seine Positionen" gestatte. "Er ist der Meinung, dass es die Mühe nicht lohnt, denn sie werden bekommen, was ich entscheide", plaudert der Lord aus dem Nähkästchen.
Falscher Zeitpunkt
Die Aussagen Turnbulls hätten zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt für Brown erfolgen können. Am Mittwoch stellt er sein Budget vor, alljährlich der wichtigste Tag im politischen Kalender des Schatzkanzlers und dieses Jahr von besonderer Bedeutung, weil es Browns elftes und letztes Budget sein wird. Soweit bisher durchgesickert ist, wird er die Wachstumsprognose für 2007 auf drei Prozent heben. Höhere Steuern auf Autos mit hohem Verbrauch sollen das Umweltbewusstsein des Schatzkanzlers untermauern.
Tories voran
Darüber, wer schneller und besser die Umwelt retten kann, tobt nämlich derzeit ein heftiger Kampf zwischen den Konservativen und der Regierung. Mit Publikums-wirksamen Vorschlägen haben die Tories hier eine Vorreiter-Rolle übernommen, die ihnen enorm hilft, sich ein neues, besseres Image zu verschaffen. Die Regierung gerät immer mehr unter Druck.
Das findet auch in allen Umfragen seinen Ausdruck. In der "Guardian"-Erhebung liegen die Tories mit Cameron bei 44 Prozent und Labour mit Brown bei nur 28 Prozent. Besonders schlimm für Brown: Werden die Wähler nur nach der Parteipräferenz gefragt, verringert sich der Rückstand von Labour auf zehn Prozentpunkte. Kommt der Name des Schatzkanzlers ins Spiel, verliert die Partei noch weitere fünf Punkte.
Der Meinungsforscher Nick Sparrow sagt dazu: "Die Umfrage zeigt, dass Cameron für seine Partei ein Gewinn ist, während dies bei Brown nicht der Fall ist." Üblicherweise setzten Regierungen in einem derartigen Fall darauf, sich mit hohen Ausgaben oder Steuergeschenken die Gunst der Wähler zu "kaufen". Brown hat dazu angesichts des hohen Budgetdefizits nicht nur keinen Spielraum, sondern würde damit auch sein größtes Plus aufs Spiel setzten: den Ruf, ein vertrauenswürdiger, kompetenter und besonnener Verwalter der Staatsfinanzen zu sein.