Der Wahlkampf gewinnt an Fahrt, der Ton wird rauer. Zu verdanken ist dies dem jüngsten Strategiewechsel im getrennt kandidierenden freiheitlichen Lager. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache konnte es anfangs gar nicht erwarten, wieder von der Oppositionsbank aus gegen "die da oben" zu wettern.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Von den Verlockungen des Regierungsdaseins schienen die Blauen nach dem Absprung des freiheitlichen Regierungsteams samt großer Mehrheit des Parlamentsklubs geheilt. Opposition, ohne wenn und aber - ließe sich da in Anlehnung an die ehedem von Erhard Busek vorgenommene Selbstfesselung der ÖVP an die SPÖ im Wahlkampf des Jahres 1994 sagen.
Nun hat offensichtlich auch Strache erkannt, dass ihm eine solche Festlegung - wie weiland auch Busek - mehr schadet als nützt. Und so liebäugelt der blauäugige FPÖ-Frontmann plötzlich mit der Unterstützung einer SPÖ-Kanzlerin Gabi Burgstaller, wenn er denn nicht selbst als Dritter Kanzler werden sollte.
Seine Lust an der Rolle eines Züngleins an der Waage nach dem 1. Oktober hat auch BZÖ-Spitzenkandidat Peter Westenthaler neu entdeckt. Hier stand am Anfang das Gelübde "Weiter so" mit Schwarz-Orange nach der Wahl, wenn es sich denn ausgeht. Das gilt zwar auch weiterhin, aber ganz so exklusiv will sich der Ende Mai in die Politik zurückgekehrte Westenthaler seit kurzem doch auch wieder nicht binden. Er machte es der ungeliebten freiheitlichen Konkurrenz von der FPÖ denn auch wirklich zu leicht, das BZÖ als "Wurmfortsatz der ÖVP" zu verunglimpfen.
Den Gegenbeweis trat Westenthaler bei der Wahl des neuen ORF-Generaldirektors an, wo er gemeinsam mit SPÖ, Grünen und FPÖ der ÖVP eine schmerzhafte Niederlage bereitete und sich selbst in der Rolle des Königsmachers übte. Der König wurde schließlich ein Roter, aber um ihn herum sollen künftig zahlreiche orange Lichter leuchten.
Die neue Strategie in klare Worte goss der BZÖ-Chef am Dienstagabend im ORF-"Sommergespräch", wo er lediglich eine Zusammenarbeit mit den Grünen für die Zeit nach der Wahl ausschloss. Alles andere werde man dann nach der Wahl schon sehen, zeigte sich Westenthaler großzügig in alle Richtungen.
Gleichzeitig mit diesem Strategiewechsel vollzog Westenthaler auch einen persönlichen Stilwechsel, der so gar nicht zur jüngsten Positionierung des BZÖ als die konstruktiveren Freiheitlichen passen will. Der ehemalige Parteisekretär und spätere Klubobmann ist wieder in seine alte Paraderolle als "Peter der Wolf" und "Polit-Rambo der österreichischen Innenpolitik" geschlüpft. Offensichtlich war ihm das Image des konstruktiven Regierungspolitikers zu riskant im Hinblick auf sein politisches Überleben.
Eines jedenfalls ist schon heute sicher: Am Tag nach der Wahl wird es an Koalitionsoptionen keinen Mangel geben - nach jüngsten Aussagen der gespaltenen Freiheitlichen auch für die SPÖ. Das Sondieren wird auf alle Fälle lange dauern.