SPÖ und FPÖ liefern einander in Kärnten ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Je näher der Wahltermin 7. März rückt, desto näher kommen die Freiheitlichen mit Landeshauptmann Jörg Haider an die Sozialdemokraten von LH-Stv. Peter Ambrozy heran. Das geht vor allem zu Lasten der ÖVP, die in Kärnten seit 1989 nur dritte Kraft ist. Ein Lokalaugenschein der "Wiener Zeitung" im Karawanken-Land.
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Kärnten ist anders. Das sagen nicht nur die Kärntner von sich selbst und ihrem schönen Land, auch Nicht-Kärntner stehen nicht an, dem südlichsten Bundesland Österreichs eine gewisse Eigenart zu bescheinigen. Das beginnt beim Zungenschlag, führt über die besondere regionale Spielart internationaler Phänomene wie etwa den Fasching und endet bei der Landespolitik. Letztere steht nun schon seit Monaten im Rampenlicht von ganz Rest-Österreich. Schließlich hat irgendwer irgendwann einmal die Mär in die Welt gesetzt, vom Ausgang der Landtagswahlen am 7. März hinge das weitere Schicksal wenn schon nicht dieser Republik, so doch zumindest der amtierenden schwarz-blauen Bundesregierung in Wien ab. Alles immer schön zugespitzt auf die scheinbar entscheidende Frage: Bleibt Jörg Haider Landeshauptmann oder eben nicht?
Ob sich allerdings die Kärntner selbst ihrer Verantwortung für ganz Österreich bewusst sind, ist mehr als zweifelhaft. Tatsächlich hat man, tritt man von Wien aus kommend die Reise gen Süden an, eher den Eindruck einer langsam aber doch um sich greifenden Wahlkampfmüdigkeit. Trifft das zu, wäre es auch kaum verwunderlich, hat doch der laufende Wahlkampf gute Chancen, ins heimische Guinness Buch der Rekorde einzugehen, was seine zeitliche Uferlosigkeit angeht: Schon seit mehr als einem Jahr steht praktisch jeder Schritt der Landespolitik im Zeichen der nahenden Landtagswahl.
Zumindest von den politischen Parteien kann man nicht behaupten, dass sie sich der Bedeutung dieser Wahl nicht bewusst sind. Für ihr Werben um Stimmen ist ihnen kein Weg zu weit und keine Plakatfläche zu teuer - und potenzielle Plakatflächen gibt es viele im Land. Dementsprechend sind die vier Spitzenkandidaten samt optischem Aufputz praktisch allgegenwärtig. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich zu diesem Zweck auch diesmal wieder die üblichen "typischen" Vertreter der älteren wie der jüngeren Generation, und auch die arbeitende Bevölkerung darf hier natürlich nicht fehlen. Allerdings gibt es auch durchaus Überraschungen im Portrait-Plakatwald: Wer würde schon Iraks Ex-Diktator Saddam Hussein und Libyens Muammar Gaddafi auf Plakaten mit dem FPÖ-Slogan "Wir vertrauen ihm" - gemeint ist natürlich Jörg Haider - in einem österreichischen Regionalwahlkampf vermuten? Die Junge SPÖ will auf diese Weise die mitunter doch recht eigenwillige Haider'sche Besuchsdiplomatie in Erinnerung rufen.
Überhaupt kann die Kopierlust der Konkurrenz durchaus als Zeichen für die Qualität der freiheitlichen Plakatkampagne gewertet werden. Denn auch die ÖVP mit Spitzenkandidatin Elisabeth Scheucher beantwortete Haiders nicht unbescheidene Aussage "An Bessern kriag ma nimma" mit dem ebenso selbstbewussten Konter "A Bessere aba schon!".
Bodenständig-konservativ nimmt sich dagegen die Kampagne von SPÖ-Spitzenkandidat Peter Ambrozy aus. Er wirbt mit den wenig überraschenden Slogans "Wir alle sind Kärnten" und "Diesmal SPÖ" für einen politischen Kurswechsel im Karawanken-Land. Die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht, glaubt man dem Tenor der am laufenden Band veröffentlichten Meinungsumfragen. In diesen liegt die SPÖ vor der FPÖ. Noch! Denn ebenso einig sind sich die Meinungsforscher darüber, dass die Haider-FPÖ der SPÖ immer näher kommt. Bedenkt man die nach wie vor große Zahl an Unentschlossenen, so kann von einer Vorentscheidung 9 Tage vor der Wahl beim besten Willen nicht die Rede sein. Der blau-rote Zweikampf um die Nummer Eins im Land geht übrigens vor allem auf Kosten der ÖVP, der nun, nachdem die Umfragen lange Zeit zumindest die Hoffnungen auf ein zartes Plus nährten, vereinzelt sogar ein weiteres Abrutschen in der Wählergunst prognostiziert wird. Vor diesem Hintergrund ist auch die - nicht zuletzt parteiintern umstrittene - Festlegung der Kärntner VP-Spitze Scheucher und Obmann Georg Wurmitzer auf ein Nein zu einem Landeshauptmann Jörg Haider als verzweifelter Befreiungsschlag zu verstehen.
Dass ein Sieg Ambrozys dennoch keineswegs die vielzitierte "g'mahte Wies'n" ist, verdankt der SPÖ-Spitzenkandidat vor allem seiner eigenen Partei und den - man muss es so sagen - phänomenalen Wahlkampfkünsten Haiders. Nicht nur, dass die Kärntner SPÖ im physischen Sinn seltsam abwesend in diesem Wahlkampf wirkt - am letzten Faschingswochenende, als ganz Kärnten auf den Beinen und in den Straßen war, fand sich unter diesen kaum ein wahlwerbender SPÖ-Funktionär -, sie wirkt auch alles andere als geschlossen. Wie die berühmten Kaninchen aus dem Hut zieht Haider prominente Genossen hervor, die für ihn als Landeshauptmann in Inseraten werben. Der Direktor der Kärntner Nationalbank-Filiale gehört hier ebenso dazu wie der Direktor der Arbeiterkammer oder der ehemalige Landesgeschäftsführer der SPÖ. Die geschlossene Unterstützung einer Partei für ihren Spitzenkandidaten sieht anders aus.
Um ihre Geschlossenheit als Partei müssen sich die Grünen dagegen weit weniger Sorgen machen. Eher schon um den Bekanntheitsgrad ihres Spitzenkandidaten Rolf Holub. Der Kabarettist ist auch in seinem eigenen Heimatland weitgehend unbekannt und politisch noch dazu ein völlig unbeschriebenes Blatt. Da erwies es sich als glückliche Fügung, dass mit Eva Glawischnig eine Kärntnerin Stellvertreterin von Bundessprecher Alexander Van der Bellen ist. Zwar denkt sie nicht im Entferntesten daran, nach dem 7. März vom Parlament in den Kärntner Landtag zu übersiedeln, dennoch lächelt sie Seit' an Seit' mit Holub von den Wahlplakaten herunter und wirbt mit der bisherigen politischen Unbeflecktheit der Kärntner Grünen: "Saubere Hände". Über diese werden sich die Grünen aber wohl noch länger freuen können, denn aller Wahrscheinlichkeit nach wird es auch diesmal nichts mit dem erstmaligen Einzug der Öko-Partei in den Kärntner Landtag.
Ach ja, noch etwas: Sollten Sie die Themen vermisst haben, um die es in diesem Wahlkampf geht, so haben Sie nichts verpasst. Fehlanzeige. Es geht einzig und allein um den Landeshauptmann.