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Blaupause ob der Enns

Von Werner Reisinger

Politik

Was Schwarz-Blau in Oberösterreich tut, könnte im Bund zum Vorbild werden.


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Wien. Sowohl in als auch vor dem oberösterreichischen Landtag in Linz ging es am Dienstag turbulent her. Drinnen startete eine intensive Debatte um das umstrittene Landesbudget 2018, das erstmals nach Einführung der Schuldenbremse in Oberösterreich ein Nulldefizit vorsieht und ein Nachtragsbudget ausschließt. Draußen machten Gewerkschafter, unter ihnen der scheidende Sozialminister Alois Stöger und ÖGB-Präsident Johann Kalliauer, mobil gegen die Pläne von Landeshauptmann Thomas Stelzer und seinem Vize, FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner.

Als "Rasenmähermethode" bezeichnen SPÖ-Landespolitiker die Kürzungsvorhaben von Stelzer. Trotz eines aufrechten Budgetpfads, der noch unter Ex-Landeshauptmann Josef Pühringer beschlossen wurde, sollen nun alle Ressorts gleichermaßen zehn Prozent ihrer Mittel einsparen. Die daraus lukrierten Mittel plus die Mehreinnahmen durch die gute Konjunktur, insgesamt 250 Millionen Euro, will Stelzer einerseits in das Nachtragsbudget des laufenden Jahres, anderseits in Schwerpunktprojekte stecken - und zusätzlich noch alte Verbindlichkeiten über 67 Millionen Euro abbauen.

Das bedeutet für die Oberösterreicher vor allem eines: sparen. Besonders die Einschnitte im Bereich Kinderbetreuung treffen auf heftige Proteste, der offene Brief einer wütenden berufstätigen Mutter an den ÖVP-Landeshauptmann sorgte vor einigen Wochen österreichweit für Schlagzeilen. Gebühren für die Nachmittagsbetreuung, wie sie die Landesregierung nun will, gebe es in allen anderen Bundesländern, rechtfertigte sich Stelzer in einer Antwort an die Verfasserin. Diese fürchtete aber um ihren Job, zu dem sie nach Linz pendeln muss. Aufgrund der neuen Gebühren aber würden einige Eltern in ihrem Heimatort ihre Kinder aus der Nachmittagsbetreuung nehmen, wodurch die erforderliche Gruppengröße von zehn Kindern nicht mehr zustande käme.

Besonders betroffen von den Kürzungsmaßnahmen ist das Sozialressort von SPÖ-Landesrätin Birgit Gerstorfer. Innerhalb weniger Wochen muss sie nun auf 20 Millionen Euro verzichten - treffen wird es laut Gerstorfers Büro vor allem Bereiche, in denen erst jüngst viel investiert wurde, wie die Behindertenbetreuung, die Kinder- und Jugendhilfe oder der Bereich berufliche Qualifizierung.

Neue Gebühren soll es künftig auch für Fachhochschulstudenten geben, Kürzungen wiederum im Kulturbereich. Dagegen rebellieren seit Wochen Kulturbetriebe und die freie Szene, über 16.000 Unterschriften sammelte die Initiative "Kulturland retten" mit Stand Dienstagnachmittag gegen die Kürzungen im Ausmaß von 30 Prozent bei den Fördermitteln.

Bereits im Februar 2016 kürzte Haimbuchners Wohnbauressort die Förderungen von Wärmepumpen und Solaranlagen für private Häuslbauer - und erntete damals noch teils harsche Kritik von Wirtschaftskammer und der Bundes-ÖVP-Spitze unter Reinhold Mitterlehner. Jetzt aber scheint Schwarz-Blau in Oberösterreich besonderen Mut gefasst zu haben.

Ton wird immer rauer

Der Ton zwischen der schwarz-blauen Landesregierung und den Oppositionsparteien, die durch den in Oberösterreich nach wie vor geltenden Proporz ebenfalls amtsführende Landesräte stellen, habe sich seit dem Wahlergebnis am 15. Oktober deutlich verschärft, sagt Birgit Gerstorfer zur "Wiener Zeitung". Das habe sich besonders beim Vorgehen von ÖVP und FPÖ in der jüngsten Betrugs-Affäre rund um einen Sozialverein gezeigt, der das Land Oberösterreich um insgesamt mindestens 1,5 Millionen Euro geprellt haben soll. ÖVP und FPÖ hatten Gerstorfer mutwillige Geheimhaltung des Betrugsverdachts vorgeworfen, man sei niemals von einem Mitglied der Landesregierung informiert worden. Gerstorfer stellt dies in Abrede, der Dienstweg sei sehr wohl eingehalten worden, die Finanzabteilung in Stelzers Zuständigkeitsbereich habe auch Anzeige erstattet. Und im bereits wochenlangen Streit um das Sozialbudget entschied Stelzer am Montag, Gerstorfer im Sozialressort einen "Sonderbeauftragten" zur Seite zu stellen, der ihm gegenüber berichtspflichtig ist. Eine Maßnahme rein "im beamteten Bereich, nicht im politischen", wie Stelzer betont.

Die enge schwarz-blaue Partnerschaft in Oberösterreich, als deren Architekt Manfred Haimbuchner mit seinen engen Kontakten zum oberösterreichischen Wirtschaftsbund gilt, ist für Bundesparteichef Strache doch auch nicht ganz unproblematisch. Schließlich will der blaue Bundeschef keineswegs ein zweites parteiinternes Machtzentrum in Oberösterreich. Nach wie vor ist unklar, ob es Haimbuchner selbst war, der Strache als Koalitionsverhandler im Bund abgesagt hatte - oder ob Strache bewusst der ebenfalls oberösterreichischen Nationalratsabgeordneten Anneliese Kitzmüller den Vorzug gab.