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Bleiberecht: (Fast) alle sind zufrieden Ein genialer Schachzug Maria Fekters?

Von Katharina Schmidt

Analysen

Die SPÖ ist zufrieden, die ÖVP ist zufrieden, die Länder sind zufrieden - und die Caritas ist fast zufrieden. Nur bei der Opposition stößt die Neuregelung des Bleiberechts, die am Dienstag den Ministerrat passiert hat, auf Ablehnung, wenn auch aus diametral entgegen gesetzten Gründen. Doch was ist anders im Vergleich zum alten Entwurf von Innenministerin Maria Fekter, der so viele Gegenstimmen auf den Plan gerufen hatte?


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Die Landeshauptleute, die allein über die Gewährung des humanitären Aufenthalts entscheiden hätten sollen, wurden - teilweise - von dieser Bürde befreit. Der Antrag auf eine, wie es im Gesetz heißt, Niederlassungsbewilligung in "besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" muss, wie ursprünglich geplant, beim Landeshauptmann gestellt werden, die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels bedarf aber der Zustimmung des Innenministers. Anders ausgedrückt: Die Landeshauptleute erhalten Rückendeckung von Fekter.

Die Ministerin selbst lässt sich dann von einem eigens eingerichteten Gremium beraten. Der Beirat setzt sich aus Vertretern des Ministeriums, des Integrationsfonds, kirchlicher und humanitärer Organisationen sowie des Städte- und des Gemeindebundes zusammen. Einerseits stellt sich hier die Frage nach dem Verwaltungsaufwand: Wieso wird ein neues Gremium geschaffen, wenn diese Aufgabe etwa auch der Menschenrechtsbeirat (der zum Innenministerium ressortiert) wahrnehmen könnte? Andererseits kann man getrost von einem genialen Schachzug der Innenministerin sprechen: Wie auch im Fall der Patenschaften werden nun diejenigen in die Pflicht genommen, die das Ministerium in Asyl-Fragen immer am meisten kritisieren. Die Empfehlungen des Beirats sind zwar für die Ministerin nicht bindend, es gibt aber zumindest eine gewisse Mitsprache der Nicht-Regierungsorganisationen, denen damit der Wind aus den Segeln genommen wird.

Die spannendste Frage ist schließlich die, ob nun der Kritik des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) Genüge getan wurde. Zur Erinnerung: Der VfGH hat die alte Bleiberechtsregelung als verfassungswidrig aufgehoben, weil für Betroffene kein Antragsrecht bestand.

Dieses Problem dürfte nun aus der Welt geschaffen sein. Es tut sich jedoch bereits ein neues auf: Gegen den Bleiberechtsbescheid kann laut Entwurf nicht Berufung eingelegt werden. Es besteht lediglich eine Beschwerdemöglichkeit vor Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof. Verfassungsrechtlich ist das laut Experten zwar zulässig. Ob sich die Höchstrichter nicht bald mit einer neuen Beschwerdeflut konfrontiert sehen, bleibt aber abzuwarten. Am VfGH hüllt man sich jedenfalls in Schweigen. "Das kommt möglicherweise zu uns, also kann ich keinen Kommentar dazu abgegeben", heißt es dort.

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