Die Araber - allem die Palästinenser - haben noch vor zwei Jahre ihr ganzes Vertrauen in den demokratischen US-Präsidenten Barack Obama gesetzt. Jetzt sind sie umso enttäuschter.
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Vieles hat US-Präsident Barack Obama versprochen, wenige seiner Visionen konnte er bisher umsetzen. Enttäuscht von seinen Wahlversprechen sind nicht nur Republikaner und Demokraten, sondern auch Millionen Araber. Überwältigend war der Beifall der Ägypter bei Obamas Rede im Jahr 2009 an der Al Azhar Universität. Umso größer war die Hoffnung der Palästinenser, die an sein Versprechen glaubten, ihnen doch noch einen unabhängigen Staat, eine Heimat zu gewähren.
Kaum zwei Jahre später hat Obama nicht nur bei seinen Landsleuten erheblich an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Dass seine Zugeständnisse an die Palästinenser nicht umgesetzt werden konnten, liegt jedoch nicht nur an der vehementen Opposition der Republikaner, sondern zu einem Großteil auch an der Uneinigkeit in den eigenen Reihen. Nur zu oft vergisst man nämlich in Europa, dass die beiden US-Mehrheitsparteien nicht nach denselben ideologischen Vorgaben und Parteizwängen funktionieren, wie man sie hier kennt. Obamas Vision scheiterte am Lobbyismus seines eigenen Lagers.
Bei der UNO-Generalversammlung, die diese Woche in New York stattfindet, will Obamas rechte Hand, Hillary Clinton, alles daran setzen, einen Antrag der Palästinenser auf Vollmitgliedschaft in der UNO zu verhindern. Rückendeckung erhalten die USA dabei - wie könnte es anders sein? - von der EU.
Durch den Arabischen Frühling fühlen sich die Palästinenser darin bestärkt, ihr Ziel eines souveränen Staates Palästina mit den Grenzen vor 1967 zu verwirklichen. Über die Legitimität dieses Anspruchs mögen sich viele Staaten einig sein. Doch stellt man sich die sinnvolle Frage, wie sich denn nun ein neues Palästina - ein uneinheitliches Gebilde aus Gazastreifen und Westjordanland - gestalten würde. Und plötzlich wirkt der Plan wie eine Fata Morgana.
Von den vielen UNO-Resolutionen dazu wurde noch keine umgesetzt: Nach wie vor sorgt die Frage der Golanhöhen für Spannungen zwischen Syrien und Israel, das Schicksal der rund 4,7 Millionen palästinensischer Flüchtlinge bleibt ungewiss, und Israels Regierung lässt sich auch nicht vom amerikanischen Lieblingsverbündeten davon abhalten, in Ostjerusalem und im Westjordanland Siedlungen zu bauen.
Was sich aber verändert hat, ist die Konstellation im Nahen Osten. Der Bruch zwischen der Türkei und Israel kommt den Palästinensern zugute, da sich Israel international zunehmend isoliert. Auch wenn der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu behauptet, dass er durch seine angestrebte Allianz mit dem neuen Ägypten kein Bündnis gegen Israel beabsichtige, würde diese die Regierung in Jerusalem erheblich schwächen.
Durch einen solchen arabisch-türkischen Machtblock wäre Israel nämlich gezwungen, Kompromisse einzugehen, und die "Fata Morgana Palästina" würde langsam Gestalt annehmen - bleibt nur noch die Frage, was für eine.
Stefan Haderer ist Kulturanthropologe und Politikwissenschafter.