Ziel der Reise ist ein Komet, der genau erforscht werden soll. | Technologie aus Österreich wichtig für Erfolg der Mission. | Wien. "Wie ist das Planetensystem entstanden? Wie ist Leben entstanden? Sind wir allein im Universum?" Mit der typisch "menschlichen Neugier", Antworten auf solche Fragen näher zu kommen, begründet Gerhard Schwehm von der Europäischen Raumfahrorganisation ESA die Weltraumforschung, die am Abend des 11. Juli wieder ein kleines Highlight erlebt hat: Die ESA-Raumsonde "Rosetta" passierte, rund 455 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, den Asteroiden Lutetia. Aus einer Distanz von 3162 Kilometern lieferte sie in kurzer Zeit mehr als 400 Bilder des Himmelskörpers zur Erde.
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Die ESA-Forscher jubeln über den Erfolg, aus ihrer Sicht wird die Bedeutung der "Rosetta"-Mission mit jener der ersten bemannten Mondlandung verglichen. Und das Rendezvous mit Lutetia war nur ein Teil dieser Mission, die am 2. März 2004 gestartet ist und schon am 5. September 2008 den kleinen Asteroiden teins passiert und davon Fotos geliefert hat. Ihr wahres Ziel, betont ESA-Missionsleiter Gerhard Schwehm im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", ist der Komet 67P/Tschurjumow-Gerasimenko (kurz "Chury"), den sie im Mai 2014 erreichen und auf dem im November 2014 das Landegerät "Philae" aufsetzen soll. Dann werden verschiedene physikalisch-chemische Messungen durchgeführt, wobei auch nach organischen Verbindungen wie Aminosäuren gesucht wird.
Die Namen haben Bedeutung: "Rosetta" bezieht sich auf den Stein von Rosetta, der half, die ägyptischen Hieroglyphen zu entziffern, "Philae" auf eine Insel im Nil, auf der ein Obelisk gefunden wurde, mit dessen Hilfe der Stein von Rosetta entziffert werden konnte.
Die Kosten bis zum Ende der Mission beziffert Schwehm mit etwa einer Milliarde Euro, davon 700 Millionen aus dem ESA-Budget und 300 Millionen von der Nasa sowie von ESA-Mitgliedsländern. Neueste Technologie ist ein Einsatz, um die Oberfläche des Kometen und dort auftretende Phänomene genau unter die Lupe zu nehmen, darunter auch aus Österreich, wo auf diesem Gebiet das Grazer Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bahnbrechende Arbeit leistet.
Schwehm nennt hier besonders "Midas", ein sogenanntes Rasterkraftmikroskop, das Staubteilchen sammeln und mit einer Genauigkeit von einigen Nanometern abtasten kann. Die Wissenschaft erwartet, dass der Schweifstern noch Staubteilchen enthält, aus denen vor rund 4,5, Milliarden Jahren unser Sonnensystem gebildet wurde.
In diese Zeit führte am Samstagabend auch das Rendezvous von "Rosetta" und Lutetia zurück. "Heute Nacht haben wir ein Überbleibsel aus der Entstehung des Sonnensystems gesehen", lautete der Kommentar von Holger Sieks vom deutschen Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung.
Asteroiden sind die "primitivsten Körper" im Weltall, sagt Gerhard Schwehm, doch sollte einmal einer im falschen Moment die Erdbahn kreuzen, könnten sie sehr gefährlich werden. Für diesen Fall sollte man "den Gegner kennen, um Gegenmaßnahmen ergreifen zu können", sagt Schwehm. In den nächsten Wochen wird man alle anhand von Lutetia gewonnenen Informationen über Asteroiden auswerten, auf einer Konferenz im September sollen dann alle Daten vorliegen und von Experten besprochen werden.