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Blindenschrift für die Jackentasche

Von Eva Stanzl

Wissen

Der "Staatspreis Patent" wurde für zukunftsweisende heimische Erfindungen vergeben.


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Wien.2900 eingereichte Erfindungen, 1450 erteilte Patente und Gebrauchsmuster: Diese Zwischenbilanz nannte das Österreichische Patentamt am Freitag der "Wiener Zeitung" für das laufende Jahr 2018. Doch wie viele Patentierungen reüssieren auf dem Markt? "Ein Patent ist ein Versprechen, eine Möglichkeit, eine Sicherung. Wie viele Patente in der Wirtschaft landen, ist schwer zu sagen. Es gibt Untersuchungen, wonach bis zu 50 Prozent umgesetzt und wirtschaftlich verwertet werden", sagt Mariana Karepova, die Präsidentin des Österreichischen Patentamts, das Donnerstagabend seine Preise für die zukunftsweisendsten Erfindungen vergab.

Träger des "Staatspreis Patent 2018" sind die Erfinder einer Vorrichtung, die es Blinden ermöglicht, auf Smartphones zu lesen. Der "Braillering" von Michael Treml, Wolfgang Zagler und Dominik Busse von der Technischen Universität (TU) Wien verwandelt die Schriftzeichen auf den glatten Displays mobiler Geräte in Braille-Punktmuster. Der Ring passt in jede Jackentasche. An seiner Innenseite können Buchstaben in Blindenschrift ertastet werden. Somit müssen Sehbehinderte sich Computertexte nicht mehr von Sprach-Software vorlesen lassen, sondern können sich jederzeit selbst schlau machen.

Kleines Haus für Obdachlose

Zu den nominierten Erfindungen zählten weiters ein Fluoreszenz-Scanner der TU Wien zur Qualitätsprüfung von Straßenbelägen und ein Tübbing-Element von
TU Graz und Montanuni Leoben, das Risse in Tunnels frühzeitig erkennt. Auch ein unterirdisches Bewässerungssystem der Unternehmer Dorothea Sulzbacher und Thomas Eichenauer, das gleichzeitig Wasser spart, zählt zu den Vizemeistern. Dabei handelt es sich um ein Netz unter der Erde, das H2O speichert und so die Pflanzen von unten befeuchtet.

In der Kategorie "Auszeichnung Marke 2018" gewann eine Arbeitsgruppe aus Architekten, Sozialarbeitern und Obdachlosen mit dem "Liberty.Home". Das Team um Markus Hörmannseder und Philipp Hüttl entwickelte ein Konzept für eine Mikro-Wohnung, die Obdachlosen ein paar Quadratmeter Privatraum bietet. Die Marke steht laut Jury für die Funktionalität des Produkts - und dafür, dass ein Zuhause auch Freiheit bedeuten kann. "Liberty.Home" sei so wie der Braillering ein starker Beitrag zur gesellschaftlichen Einbeziehung benachteiligter Menschen.

Lebenswerk Lichtplanung

Nominiert für die Auszeichnung Marke 2018 waren auch die Designerin Christina Hornbacher, die für ihre Schmuckstücke aus recycelten Zeitungen den Begriff "Upcessories" geprägt hat (aus: "Upcycling" und "Accessories"), und das Wiener Start-up Artitive für seine Wort-Bild-Marke, unter der eine Smartphone-App Kunstwerke interaktiv vermittelt.

Für manche Büroangestellte etwas überraschend mag der Staatspreis Patent für das Lebenswerk ausgefallen sein. Er ging an den Ingenieur und Unternehmer Christian Bartenbach, der als Pionier der Lichtplanung gilt. Allerdings ist er auch der Erfinder der Spiegelrasterleuchte - eine in Büroräumen allgegenwärtige Arbeitsbeleuchtung, die nicht eben als stimmungsvoll gilt.

Für Bartenbach zählte Fähigkeit des Lichtes, zu beleuchten an sich. "Das Faszinierende am Licht ist, dass es nicht sichtbar ist, aber sichtbar macht. Man weiß letztlich bis heute nicht, warum das so ist", beschreibt der 88-jährige Erfinder sein Lebensthema. 1964 entwickelte Bartenbach die Dark-Light-Technik. Dabei werden Betrachter durch eine Reflektortechnik weder von der Lichtquelle noch von deren Spiegelung im Reflektor geblendet. "Die Spiegelrasterleuchte war die erste blendfreie Beleuchtung", so die Jury. Für den zum zweiten Mal vergebenen Staatspreis Patent gab es 250 Bewerbungen. Vergeben wurde die Auszeichnung von Infrastrukturminister Norbert Hofer und Patentamtspräsidentin Karepova.