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Blockade zerschlagen

Von Christian Rösner und Bernd Vasari

Politik

SPÖ könnte neues Wahlrecht im Alleingang verhindern, Grüne wollen namentliche Abstimmung.


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Wien. Gleich vorweg: In jedem Gesetzgebungs-Ausschuss des Landtags hat die SPÖ die Mehrheit. Sie kann daher alle Gesetzesinitiativen und Anträge blockieren. Das wurde zu Beginn der Legislaturperiode im Jahr 2010 von der rot-grünen Stadtregierung so beschlossen. Auch Abänderungsanträge oder Zusatzanträge, die nicht durch einen Ausschuss müssen, können nicht ohne SPÖ zur Abstimmung dem Landtag vorgelegt werden. Ob eine Abstimmung oder ein Antrag zulässig ist, entscheidet nämlich der Landtagspräsident. Und den stellt mit Harry Kopietz ebenso die SPÖ (siehe "Information").

Dieses Problem ist auch den Grünen bewusst, die nun in Sachen Wahlrecht bei der nächsten Landtagssitzung am 27. März aufs Ganze gehen wollen. Von Kompromissen mit dem roten Koalitionspartner will man dabei aber nichts mehr wissen. Für die Partei geht es darum, im koalitionsfreien Raum ein neues minderheitenfreundliches Verhältniswahlrecht zu beschließen, so eine Sprecherin. Der derzeit noch bestehende mehrheitsfördernde Faktor soll demnach ganz gestrichen werden.

Aufgrund der Blockademöglichkeiten der Roten werde es voraussichtlich aber weder, wie von der Opposition geplant, ein Initiativ- noch ein Abänderungsantrag werden, heißt es vonseiten der Grünen. Wie man vorgehen wird, steht aber noch nicht fest: "Weil davon auszugehen ist, dass sich die anderen Parteien aller Geschäftsordnungstricks bedienen werden, prüfen wir ganz intensiv mit internen und externen Juristen das formale Prozedere", sagt die Sprecherin.

Fix ist: "Wir wollen eine namentliche Abstimmung im Landtag erreichen. Dann wird man sehen, wer nicht umsetzt, was er uns in den letzten viereinhalb Jahren über die Medien ausgerichtet hat." Mit der Opposition wird man sich aber nicht mehr absprechen: "Verhandlungen mit der Opposition sind nicht notwendig. Die Positionen liegen schließlich am Tisch."

Klubchef David Ellensohn äußerte sich am Rande der Grünen Landesversammlung am Wochenende noch zuversichtlich, dass es keine Blockade der SPÖ geben wird. Zitat: "Man kann ja nicht einfach einen Landtagsbeschluss ignorieren, das hat es noch nie gegeben, das hat nicht einmal Haider in Kärnten gemacht." Seine Zuversicht dürfte in der Partei allerdings auf Grenzen stoßen.

Mentalität eines Holzfällers

"Eine lustige Sitzung" erwartet sich auf jeden Fall die FPÖ, sollte der Landtagspräsident die Anträge für nicht zulässig erklären. "Es ist schon zu befürchten, dass der Landtagspräsident, der schon hin und wieder die Mentalität eines Holzfällers an den Tag legt, und vorsichtig ausgedrückt kein Verfassungsjurist ist, sagt: Nicht zulässig. Dann wird es aber laut im Landtagssaal werden", meint Justizsprecher Dietbert Kowarik dazu. Sollte dieser Fall eintreten, will die FPÖ dem Landtagspräsidenten alle von ihm bisher zugelassenen Anträge vorlesen, die mit dieser Materie vergleichbar sind. "Dann wird er Erklärungsnotstand haben", hofft Kowarik.

Allerdings räumt der Jurist auch ein, dass es keinerlei rechtliche Konsequenzen für so ein Handeln gibt. "Selbst wenn er rechtswidrig handelt, ist der Landtagspräsident Organ der Gesetzgebung und nicht Organ der Verwaltung, somit kann er auch sein Amt nicht missbrauchen." Nachsatz: "Aber falls er das durchziehen sollte, dann brennt die Sitzung." Aber falls er doch zustimmen sollte, würde es an den Grünen liegen, für ein neues Gesetz mit modernem Verhältniswahlrecht zu stimmen, so Kowarik.

Dem schließt sich im Übrigen auch die ÖVP an: "Wenn es zu einer direkten Abstimmung im Landtag kommt, müssen die Grünen Farbe bekennen, eine Zuweisung ist nicht mehr als ein Begräbnis erster Klasse", meinte etwa ÖVP-Klubchef Manfred Juraczka am Montag.

(vasa) Gesetzesanträge im Wiener Landtag müssen zuerst im zuständigen Ausschuss vorberaten werden. Dort verfügt die SPÖ in dieser Legislaturperiode aufgrund der Wien-Wahl 2010 über mehr als die Hälfte der Stimmen. (SPÖ: 7, FPÖ: 3, ÖVP: 2, Grüne: 1) Die Roten können daher jeden Antrag blockieren. Erst wenn es eine Mehrheit im Ausschuss gibt, kann der Antrag in weiterer Folge dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt werden.

Auch Initiativanträge müssen durch den Ausschuss. Im Unterschied etwa zum Nationalrat. Dort gibt es die Möglichkeit mit einem Initiativantrag den Ausschuss zu umgehen und sofort ins Plenum und somit zur Abstimmung zu gelangen.

Es gibt allerdings eine Möglichkeit den Ausschuss zu umgehen:
So kann bei einem Gesetzesantrag, der in den Landtag eingebracht wird, ebenso ein Abänderungsantrag von einer beliebigen Partei eingebracht werden. Dieser Abänderungsantrag muss theoretisch nicht einmal mal mit dem eigentlichen Gesetzesantrag zu tun haben. Aber auch hier gibt es eine Hürde. Um den Abänderungsantrag dem Plenum vorzulegen, ist die Zustimmung des Landtagspräsidenten notwendig. Doch auch dieser ist mit Harry Kopietz von der SPÖ.
Eine Veränderung des Prozederes der Gesetzgebung setzt eine Änderung der Stadtverfassung voraus. Dies ist nur mit einer Zwei Drittel Mehrheit möglich.