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Blockierte Öffnung nach dem Atomabkommen

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Ausländisches Investment stärke den Iran und erhöhe dessen Sicherheit, sagen Pragmatiker. Hardliner um Religionsführer Khamenei sperren sich.


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Eines der Argumente für das Atomabkommen mit dem Iran war, dass es mehr Öffnung bringen würde und mehr Investitionen vom Westen. Iranische Hardliner behindern jedoch seit Monaten diejenigen, die für Globalisierung und Umgestaltung eintreten. Das offensichtlichste Beispiel ist der Fall des iranisch-amerikanischen Geschäftsmanns Siamak Namazi, 44, der im Oktober verhaftet wurde. Der Iran hat keine offizielle Anklage bekanntgegeben, aber in iranischen Medien wird Namazi beschuldigt, ein Werkzeug von Institutionen wie Weltwirtschaftsforum (WEF), Woodrow-Wilson-Zentrum und Rockefeller Brothers Fund zu sein. Demnach soll Namazi vom Geheimdienst des Iranischen Revolutionsgardecorps (IRGC) in einer Sonderabteilung der Haftanstalt Evin gefangengehalten werden.

Die Beschuldigungen zentrieren sich bizarrerweise auf Namazis Status als "Young Global Leader" unter einem vom WEF organisierten Programm. Auf der Hardline-Webseite Raja News wird das WEF als zionistisches Netzwerk bezeichnet, das Investment und Handel als Werkzeuge des Umsturzes missbraucht. Jahan News verbindet Namazi mit anderen Thinktanks und Einrichtungen, die als Teil eines westlichen "Einflussnetzwerks" bezeichnet werden.

Das wahre Ziel der Hardliner könnte Präsident Hassan Rohani sein, dessen Regierung für mehr Öffnung und wirtschaftliche Integration eintritt und im Vorjahr einen geplanten Besuch von Young Global Leaders gebilligt hatte, der allerdings nach Kritik von Hardlinern gestrichen wurde.

Der Fall Namazi ist ein Wirklichkeits-Check für alle, die hoffen, das Atomabkommen könnte der Auftakt zu mehr Offenheit sein. Religionsführer Ali Khamenei hat wiederholt angekündigt, dass der Iran wirtschaftliche "Infiltration" durch die USA, den "betrügerischen, gerissenen, arglistigen, teuflischen Feind", nicht dulden werde.

Kurz vor Namazis Inhaftierung war der iranisch-amerikanische "Washington Post"-Reporter Jason Rezaian von einem iranischen Gericht wegen Spionage verurteilt worden. "Eine ungeheuerliche Ungerechtigkeit", nannte das die "Washington Post".

"Sie schrecken Auslandsiraner, die heimkehren wollen, ab und schüchtern sie ein", sagt Bijan Khajehpour, der Namazi 1997 in die Consulting-Firma Atieh Bahar geholt hatte, die westliche Unternehmen bei Investitionen im Iran unterstützt. Heute führt Khajehpour, der - vom iranischen Regime unter Druck gesetzt - seit 2011 im Westen lebt, ein ähnliches Unternehmen in Wien.

Sanktionen werden aufgehoben, ausländische Investitionen im Iran wachsen. Sie geben ihre wirtschaftliche und politische Macht aber nicht wieder an die alte Elite ab, lautet die Botschaft der Hardliner, deren IRGC-nahe Unternehmen seit der Revolution aufgeblüht sind.

Rohani und andere Pragmatiker treten dafür ein, dass ausländisches Investment den Iran stärkt und die Sicherheit erhöht. Die Hardliner bestehen aber darauf, dass westliches Geld ein Werkzeug des großen Satans sei, das die Revolution untergräbt. Dieser Kampf um ausländischen Einfluss wird den Iran auch im kommenden Jahr beschäftigen, standardmäßig.

Übersetzung: Hilde Weiss