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Bloß nicht Wohlfühlen

Von Matthias Nagl

Politik

Stramm konservativ geht die ÖVP | in Salzburg in die Wahl am Sonntag.


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Salzburg. "Es geht um Salzburg!" Das plakatiert die ÖVP in den letzten Tagen vor der Gemeinderatswahl in der Stadt Salzburg am kommenden Sonntag. Es ist so etwas wie ein Hilferuf gegen den Trend aus der Bundespolitik, der von den Diskussionen um einen Hypo-U-Ausschuss und öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der ÖVP dominiert wird.

Für die Salzburger Volkspartei kommt das alles angesichts der Wahl zur Unzeit. Das bestätigt ÖVP-Spitzenkandidat und Vizebürgermeister Harald Preuner auch ohne Umschweife. "Der bundespolitische Trend ist eine Katastrophe", sagt er. Generell sei es das Ziel gewesen, den Wahlkampf von der bundespolitischen Linie zu entkoppeln, erklärt Preuner.

"Wir wollten von Anfang an auf Themen setzen und keinen Wohlfühlwahlkampf führen", sagt er. Mit der ersten Plakatwelle sorgte die Partei auch für mehr Aufsehen als mit dem finalen "Es geht um Salzburg!". Die Reaktionen auf Slogans wie "Weltkulturschande?" oder "Stadt der organisierten Bettlerbanden?" waren allerdings nicht unbedingt positiv.

Laut Preuner war das Kalkül: "Wenn es da und dort zu hart angekommen ist, bestätigt das nur unsere Linie. Das Ziel ist es, die rot-grüne Mehrheit zu brechen." Doch selbst der FPÖ ist dieser Zugang zu radikal. "Wer meint, Salzburg als Schande bezeichnen zu können, wird ein Problem bekommen. Nirgendwo auf der Welt hört man es gerne, wenn die eigene Stadt als Schande bezeichnet wird", sagt FPÖ-Kandidat Andreas Schöppl über die Wortkreation, die sich gegen rot-grüne Bebauungspläne in der Altstadt richtet.

Seine Partei setzt anders als die ÖVP voll auf den Bundestrend. Schöppl holte sich Wahlkampfhilfe von HC Strache und übernahm von der Bundes-FPÖ die Liebe aus dem Nationalratswahlkampf. "Aus Liebe zu Salzburg", lautet der Slogan. Glaubt man den Umfragen, sind beide Strategien nicht besonders erfolgsversprechend. Die ÖVP dürfte demnach ihre 27,8 Prozent nicht behalten und fünf bis acht Prozentpunkte verlieren, für die FPÖ geht es von 13,3 Prozent bei der Wahl 2009 nur leicht nach oben oder unten.

Stadt- gegen Landespartei

Großer Gewinner am Wahltag könnten die Neos werden, sie liegen bei den Umfragen mit einem auch in der Kommunalpolitik pragmatisch-liberalen Ansatz bei rund zehn Prozent. So ist die Salzburger Gemeinderatswahl auch eine Abstimmung darüber, ob man mit einem bewahrenden und Ängste schürenden Wahlkampf im urbanen Raum erfolgreich sein kann. "Die Wahl sehe ich als Richtungsentscheidung", sagt der Kandidat der grünen Bürgerliste, Johann Padutsch.

Als einzige Partei spricht die ÖVP beharrlich von "Bettlerbanden". In Verkehrsfragen soll vor allem das Autofahren erleichtert werden, obwohl der Anteil des Autoverkehrs in der Vergangenheit zulasten des öffentlichen Verkehrs zugenommen hat. Besonders mit der Bürgerliste wird in Verkehrsfragen in der Stadt leidenschaftlich gestritten.

Das ist auch deshalb interessant, weil ÖVP und Grüne im Land mit dem Team Stronach seit Sommer eine bisher weitgehend harmonische Koalition pflegen. So haben die Grünen im Land bei dem von ihnen initiierten Testbetrieb von Tempo 80 auf der Stadtautobahn die demonstrative Unterstützung von ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer, einem Stadt-Salzburger. Er kann sich bei entsprechender Schadstoffbelastung auch einen Dauerbetrieb für Tempo 80 vorstellen. Die Stadt-ÖVP hat dagegen schon den Testbetrieb vehement bekämpft. Zu ÖVP-internen Differenzen sei es in dieser Frage nicht gekommen, sagt Preuner: "Wir haben das ausdiskutiert."

Es war nicht das einzige Mal, dass Haslauer die Pläne der Stadt-ÖVP durchkreuzte. Mitten im Wahlkampf nahm er Preuners Nummer zwei und Zukunftshoffnung, Claudia Schmidt, aus dem Rennen und nominierte sie für die EU-Wahl. Auch das nahm der Chef der Stadt-ÖVP sportlich. "Es ist eine einmalige Chance, eine Abgeordnete im EU-Parlament zu haben", sagte Preuner bei ihrer Nominierung.

Auf dem Land sorgenlos

Die Chancen der ÖVP in der Stadt dürften dadurch freilich nicht unbedingt gestiegen sein. In den Landgemeinden braucht sich die ÖVP dagegen weniger Sorgen zu machen. Dort ist sie die klare Nummer eins und wird es wohl bleiben. Sie ist die einzige Partei, die in jeder der 119 Salzburger Gemeinden eine Liste stellt. In 95 Gemeinden kommt der Bürgermeister aus der ÖVP, von den 2110 Gemeindemandataren stellt die ÖVP 52 Prozent.

Offen sind die Bürgermeister-Wahlen vor allem in den wenigen Städten außerhalb der Landeshauptstadt. In der einstigen SPÖ-Hochburg Hallein geht es für die ÖVP neben dem Bürgermeistersessel auch um die absolute Mehrheit, doch ohne Ex-Bürgermeister Christian Stöckl, der mittlerweile in der Landesregierung sitzt, wird das schwierig.

Auch in den einstmals von der Sozialdemokratie dominierten Städten Zell am See und Bischofshofen - beide haben gegenwärtig einen ÖVP-Bürgermeister - wird eine knappe Wahl erwartet. Etwaige Stichwahlen um den Bürgermeistersessel sind in allen Gemeinden zwei Wochen nach den Gemeinderatswahlen vorgesehen. Eine Stichwahl mit Bürgermeister Heinz Schaden in der Stadt Salzburg ist für Preuner neben dem Brechen der rot-grünen Mehrheit auch das erklärte Ziel. Es wäre ein kleiner Teilerfolg. Die Krise der ÖVP im urbanen Raum wird aber wohl auch am Sonntag nicht enden.