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"Blume ist das Kind von Wiese"

Von Ina Weber

Politik
40 Jugendliche des "Peacecamps" lernen einander kennen.
© kaczek

Das "Peacecamp" bringt Jugendliche aus unterschiedlichen Kulturen zusammen - eine Benefiz-Matinée am Sonntag im Ronacher will helfen.


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Wien. Wenn Frédéric Kaczek über den Grund spricht, warum er als Gründer des Jüdischen Filmfestivals das Projekt "Peacecamp" unterstützt, dann braucht er nicht lange zu überlegen: "Weil ich jeden Dialog wichtig finde, weil die Kinder keine Ahnung haben und vor vorgefertigten Meinungen stehen. Sie wachsen in einem Umfeld auf, wo sie hören, du darfst nicht auf die Straße gehen, weil man weiß nicht, was die Bösen in Israel machen. Die Kinder und Jugendlichen werden zur Xenophobie erzogen", sprudelt es aus ihm heraus. Und so hat er es sich zur Aufgabe gemacht, das in Österreich stattfindende "Peacecamp" von Evelyn Böhmer-Laufer zu unterstützen: "Die Kinder muss man möglichst früh abholen, dann hat Rassismus keine Chance."

Seit 2004 fanden in Österreich elf Peacecamps statt, eines davon in Franzen und sieben in Reibers im Waldviertel. Die Camps dauern elf Tage, in denen sich Jugendliche zweier miteinander verfeindeter Nationen, Israelis und Palästinenser, und zweier Bündnispartner der Europäischen Union, Österreich und Slowenien beziehungsweise Österreich und Ungarn, kennenlernen. 40 jungen Menschen - muslimische Palästinenser, jüdische Kinder, ungarische, slowenische, aber auch Kinder aus Wiener Schulen - wird begreiflich gemacht, wie es im Laufe der Geschichte immer wieder zu Gewalt und Krieg kommt und wie ehemals kriegsführende Nationen jahrhundertelange Feindseligkeiten überwinden können.

Um auch das diesjährige Peacecamp - von 3. bis 13. Juli in Lackenhof am Ötscher - finanzieren zu können, ist Unterstützung notwendig. Und so findet am Sonntag, 4. Mai, um 11 Uhr eine Benefiz-Matinée zugunsten des Friedensprojektes statt. Die musikalisch-poetische Collage wird von Lena Rothstein konzipiert. Auf der Bühne stehen werden etwa ORF-Journalistin Susanne Scholl, Sängerin Heilwig Pfanzelter, Peter Jiru und Ensemble Gemischter Satz, Nasrin Hobbi und Ensemble oder AnnPhie Fritz und Lukas David Hauptfeld. Die Wiener Schauspielerin AnnPhie Fritz wird gemeinsam mit ihrem Kollegen Gitarre spielend aus einem Buch einer Deutschlehrerin rezitieren. Das Buch "Blume ist das Kind von Wiese" ist in den 1990er Jahren in einer Schule im 6. Bezirk entstanden. Die Lehrerin hatte damals mit ihren Schülern, die vorwiegend aus der Türkei, aber auch aus Ex-Jugoslawien, Polen oder Rumänien gekommen waren, ein "Lexikon der Falschheiten" verfasst.

Geld für Flugtickets

Sie animierte die Gastarbeiterkinder dazu, ihre Assoziationen zu den Wörtern der deutschen Sprache zu formulieren. "Deutsch ist meine neue Zunge", "in ein Hotel geht man, wenn man seinen Mann verlassen hat", "Blume ist das Kind von Wiese" lauten ein paar der Einträge. "Das ist fast schon Poesie", so Schauspielerin AnnPhie Fritz zur "Wiener Zeitung". Sie wird im Rahmen des Camps einen Workshop mit den Jugendlichen veranstalten. Vom Parcours über Mandalas, "es wird Kunstarbeit gemacht", sagt sie. Mit den Einnahmen der Matinée sollen etwa Flugtickets für die Teilnehmer erworben werden. Für die Bewerbung für das Peacecamp sind Englisch-Kenntnisse erforderlich. Die Jugendlichen sind daher meistens zwischen 14 und 18 Jahre alt. Schulen sowie Einzelpersonen können sich melden.

"Den Erwachsenen ist es noch nicht gelungen, Frieden zu schaffen", so Frédéric Kaczek vom Jüdischen Filmfestival. Er setzt alle Hoffnungen in die Kinder von heute. "Sie tragen das, was sie lernen, über die sozialen Netzwerke weiter", sagt er. 40 neue Friedensbotschafter würden jedes Jahr dazukommen. Auch Peacecamp-Gründerin Böhmer-Laufer setzt auf die Wirkung ihres Projektes: "Vielleicht konnten starre Vorstellungen etwas gelockert, manche Vorurteile revidiert werden und neue Ideen entstehen, mit denen diese jungen Menschen einmal imstande sein werden, ihren Teppich so zu drehen, dass alle darauf Stehenden Platz haben, ohne einander zu verdrängen."

Karten: ronaldo@utanet.at