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Blümel: "Will in Wien Kontrollrechte wie im Bund"

Von Christian Rösner

Politik
Gernot Blümel will in Wien Integration nicht nur fördern, sondern auch einfordern.
© Christoph Liebentritt

Als Vizebürgermeister würde Gernot Blümel mehr Transparenz in der Stadt umsetzen - und den Handelskai beleben.


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Gernot Blümel ist bisher der Einzige in der Wiener Kommunalpolitik, der als Minister bei der Wien-Wahl antritt. Neben seinen Rollen als Europaminister und Finanzminister schärfte er gleichzeitig als Wiener Landesparteiobmann in kürzester Zeit das Profil der Partei und verpasste ihr einen Modernisierungsschub. Jetzt will er Vizebürgermeister werden. Wie er sich das vorstellt, darüber hat er mit der "Wiener Zeitung" gesprochen.

"Wiener Zeitung": Sie haben eine klare Ansage gemacht und gesagt, dass Sie Vizebürgermeister werden wollen - an welchen Ressorts wären denn die Türkisen in Wien am meisten interessiert?Gernot Blümel: Wir sind daran interessiert, dass wir unsere Themen durchbringen - das ist das Wichtigste, das bei Koalitionsverhandlungen besprochen wird. Und da haben wir Grundprinzipien, wenn die nicht erfüllt sind, wird es für uns auch keine Option geben, mitzuregieren.

Welche Grundprinzipien sind das?

Die sind in den Bereichen Integration, Leistungsgerechtigkeit, Sicherheit und Wirtschaftspolitik.

Also das gesamte Wahlprogramm.

Das gesamte Wahlprogramm, ja.

Wo spießt es sich am meisten bei der SPÖ?

Das werden wir bei den Koalitionsverhandlungen sehen.

Aber es gibt doch jetzt schon Positionen, wo Uneinigkeit absehbar ist, oder etwa nicht?

Nachdem die SPÖ seit 100 Jahren Wien regiert, braucht es wohl am meisten Bewegung im Bereich der Integration, bei der Mindestsicherung und bei der Frage, was Wirtschaftspolitik betrifft. Das sind die großen Themen.

Was meinen Sie zum Beispiel mit Bewegung im Integrationsbereich?

Integration soll nicht nur gefördert, sondern auch eingefordert werden. Bis zur Ultima Ratio, wenn etwa Eltern sich nicht an die Schulpflicht halten, dass Sozialleistungen gekürzt werden. Um klarzumachen: Zukunftsraub bei Kindern ist kein Kavaliersdelikt.

Sie würden also Strafen für die Eltern einführen, die am Ende zu Lasten der Kinder gehen könnten?

Falsch verstandene Toleranz hilft da nicht, das haben die vergangenen 10 Jahre mit Sicherheit gezeigt. Wenn die Kinder nicht in die Schule gehen und nicht ausreichend Deutsch lernen, werden sie hier nie ein selbstbestimmtes Leben führen können oder einen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Es geht nicht nur um eine Mindestsicherung, sondern um einen Mindestbeitrag, den man in der Gesellschaft leistet - und das ist nur möglich, wenn man Deutsch sprechen kann.

Ein Geben und Nehmen?

Absolut.

Was sollte sich am Management der Stadt ändern?

Ich würde den Bund zum Vorbild nehmen. Da gibt es viele Kontrollrechte, die die Opposition in Wien nicht hat: Das betrifft etwa die Befragungsmöglichkeiten in Ausschüssen. Oder Untersuchungskommissionen - deren Einsetzung ist in Wien zwar ein Minderheitenrecht, aber Zeugenladungen oder Beweismittelbeschlüsse erfolgen nur per Mehrheitsbeschluss. Auf Bundesebene geht das alles mit Minderheitsbeschlüssen - das ist angewandte Demokratie, die in Wien fehlt. Da gibt es viel Nachholbedarf.

Wie würde Ihre Kulturpolitik als ehemaliger Kulturminister in Wien aussehen?

Das habe ich bereits auf Bundesebene klargemacht: Es wäre nicht Kulturpolitik in Kunst und Kultur, sondern für Kunst und Kultur. Wir haben damals eine Budgetsteigerung zustande gebracht und wir haben darauf geschaut, dass durch Effizienzsteigerung mehr Geld für den künstlerischen und wissenschaftlichen Betrieb frei wird - siehe Reformkonzept für die Bundesmuseen oder auch das Baumanagement, wo zuvor unter der SPÖ Dilettantismus geherrscht hat. Das gilt übrigens auch für viele andere Bereiche, wenn ich mir etwa das Krankenhaus Nord, die Planungen zum Wien Museum oder den U-Bahnausbau ansehe.

Stichwort Baumanagement: Was würde sich mit der ÖVP an der Stadtplanung ändern?

Es würde sicher keine Hochhäuser in der roten Kernzone des Weltkulturerbes geben. Eineinhalb Prozent der gesamten Wiener Bausubstanz sind in der Kernzone - dass man ausgerechnet dort Hochhäuser hinbauen muss, ist einfach völlig unverständlich und absurd. Da bricht die Stadtregierung sehenden Auges völkerrechtliche Verträge ohne besonderen Grund.

Was noch?

Wien hat enormes Entwicklungspotenzial als Großstadt am Wasser. Vor 15 Jahren gab es eine JVP-Kampagne zur Belebung des Donaukanals. Das war der Beginn der Nutzung des Donaukanals. Ähnlich wie dort damals schaut es heute am Handelskai aus. Dort den Fokus auf Stadtentwicklung zu setzen, würde sich massiv auszahlen. Dort könnte man Hochhäuser bauen, die niemanden stören, man könnte Überplattungen und Halbinselbauten direkt am Wasser errichten.

Würden die Türkisen Öffis genauso ausbauen, wie Rot-Grün es tut?

U-Bahn-Ausbau ist gut und richtig - vor allem bis an die Stadtgrenzen. Wir würden da aber noch eins draufsetzen: Und zwar mit besseren Verbindungen zwischen Floridsdorf und Donaustadt. Wer öffentlich versucht, von Stammersdorf in die Lobau zu kommen, muss sich einen halben Tag Zeit nehmen, weil man immer zuerst in die Stadt rein- und dann wieder rausfahren muss. Es geht nur sternförmig, aber die Querverbindungen sind extrem schlecht ausgebaut. Das müssen wir beheben.

Was ist eigentlich für Sie so schlimm an einem Radstreifen auf der Ringstraße?

Ich habe nichts gegen Radwege, ich habe nur etwas dagegen, wie man vonseiten Rot-Grün versucht, Verkehrspolitik zu betreiben. Offensichtlich geht es nicht darum, den Radverkehr zu erhöhen, sondern den einen Verkehrsteilnehmer gegen den anderen auszuspielen.

Wie kommen Sie darauf?

Schauen Sie sich einmal an, wie die Radwege gebaut werden. Am Getreidemarkt zum Naschmarkt runter war das Rechtsabbiegen zu Stoßzeiten schon immer eine Herausforderung, aber dann noch einen Fahrstreifen im Zuge des Umbaus wegzunehmen, war eine Provokation für die Autofahrer. Es wäre kein Problem gewesen, den Weg über den Schillerplatz zu führen, aber nein, Rot-Grün hat das auf der Hauptverkehrslinie machen müssen. Die Zahlen belegen, dass sich der Fahrradanteil mit dieser Verkehrspolitik nicht erhöht, sondern mit 7 Prozent in den vergangenen zehn Jahren gleichgeblieben ist.

Der ÖVP-Bezirksvorsteher der Innenstadt, Markus Figl, hat sich aber auch zusammen mit Birgit Hebein für eine autofreie Zone starkgemacht.

Er hat sich für eine Verkehrsberuhigung im Bezirk ausgesprochen - nämlich nur unter Einbindung aller Beteiligten: Anrainer, Wirtschaftstreibende, Garagenbetreiber. Er wollte nicht, so wie Hebein, einfach einen Plan auf den Tisch legen und über alle drüberfahren. Abgesehen davon, dass es "autofrei" sowieso nie geben kann, weil das Kipferl fährt nicht mit der U-Bahn in den ersten Bezirk - dazu wird es immer Lieferverkehr brauchen.

Warum halten die Türkisen eigentlich so vehement daran fest, keine Kinder aus Moria aufzunehmen, wo sich doch sogar schon so viele sogenannte "Alt-ÖVPler" dafür aussprechen würden?

Gegenfrage: Wissen Sie, wie viele Kinder heuer bereits einen Asylantrag gestellt haben? Es sind 600 unbegleitete Minderjährige und mehrere tausend Erwachsene. Es stimmt also nicht, dass wir sagen: Es darf keiner kommen. Im Gegenteil, wir gehören zu jenen Ländern in Europa, die bisher am meisten geholfen haben. Klar will und muss man helfen, wenn man diese Bilder sieht, keine Frage. Aber solche Bilder gibt es leider auch aus anderen Bereichen der Welt, aus dem Libanon, aus Teilen Afrikas - auch da muss man helfen und auch hier tun wir das. Aber die Lösung kann ja nicht sein, dass wir all diese Menschen nach Wien holen. Denn es besteht die Gefahr, dass diese Umverteilungspolitik als Brandbeschleuniger wirkt - immerhin wurden bereits in anderen Flüchtlingslagern Brände gelegt, in der Hoffnung, dass man sich den Weg nach Europa "freibrennen" kann.

Geht es bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht vielmehr um einen symbolischen Akt, um Menschlichkeit zu demonstrieren?

Ich bin ein wenig verwundert darüber, dass jetzt einige Länder, die eine Handvoll Flüchtlinge aufnehmen, plötzlich moralisch höher bewertet werden als Österreich, das zu jenen Ländern in Europa gehört, die in den vergangenen Jahren am meisten humanitäre Hilfe geleistet haben. Dass man helfen muss, darüber sind sich die meisten einig, Unterschiede gibt es nur beim Wie.



Jeder kennt Sie als Finanzminister, warum soll man sie als Vizebürgermeister für Wien wollen?

Für mich gibt es nichts Schöneres, als für Wien etwas zu tun. Ich habe vor fünf Jahren eine Bundesfunktion aufgegeben, um aus vollster Überzeugung heraus Obmann einer 9-Prozent-Oppositionspartei zu werden. Ich glaube, es gibt niemanden, der ein höheres Commitment zu dieser Stadt gezeigt hat. Und in den vergangenen Jahren hatte ich das Privileg, viel für Wien tun zu können - mehr als auf der Oppositionsbank im Wiener Gemeinderat. Meine Doppelbelastung war so gesehen ein doppelter Nutzen für Wien - deswegen freue ich mich jetzt auch auf die Wahl.