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Blumentopferde

Von David Axmann

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Beim Umgang mit Menschen kommt es auf den richtigen Ton an. Beim Umgang mit der Sprache auf die richtige Betonung. Dies zu verdeutlichen, diene ein fast schon klassisches Beispiel: Blumentopferde. Auf der zweiten Silbe betont, bezeichnet es die rassigen Rösser im Gestüt von Blumento (Blumento-Pferde), auf der ersten Silbe betont, jenen Grundstoff, den häusliche Gewächse brauchen (Blumentopf-Erde).

Nicht zum ersten (und wie zu befürchten ist, wohl auch nicht zum letzten) Mal sind an dieser Stelle die Betonungsmängel zu beklagen, welche im ORF nahezu tagtäglich offenbar werden. Noch vor 20 Jahren hieß, auch im ORF, der unweit von Bratislava am rechten niederösterreichischen Donauufer gelegene Ort Haínburg. Korrekt auf der ersten Silbe betont. So wie Wiesel-, Rosen- oder Eggenburg. Denn was diese Orte voneinander unterscheidet und also von entscheidender Bedeutung ist, wird zu Wortbeginn gesagt und ist deshalb zu betonen.

Heutzutage werden diese Ortsnamen, auch im ORF, mit Vorliebe hinten betont, ebenso wie ähnlich geartete Eigennamen. Unter-, Hinter- oder Hickersbérger also, und auf gleiche Weise werden alle zusammengesetzten -hofer, -egger, -meister usw. behandelt. Wären die mangelhaft ausgebildeten ORF-Sprecher konsequent, müssten sie auch den Vorläufer wie den Oberkellner, den Eisenbahner wie den Regenmacher hinten betonen.

Neulich nahm ein Radiosprecher den Namen des Komponisten Paul Dessau in den Mund: nach Hainbúrger Manier. Der Künstler wurde also auf der zweiten Silbe betont; das klang nicht bloß peinlich, sondern fast schon ordinär.