US-Präsident Barack Obama hebt das Waffenembargo gegen Vietnam auf.
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Hanoi/Wien. Der Empfang von Barack Obama in Vietnam entbehrte nicht einer gewissen bizarren Symbolik: Die Begrüßung des US-Präsidenten ereignete sich in der Hauptstadt Hanoi in Sichtweite des Mausoleums von Ho Chi Minh – dem Mann, der im kommunistischen Nordvietnam mehr als zwei Jahrzehnte lang geherrscht hatte und einer der größten Feinde der USA war.
Das Ende des Vietnamkriegs (der in Vietnam übrigens auch "Der Amerikanische Krieg" genannt wird) 1975 und die damit einhergehende Vereinigung von Nord- und Südvietnam unter dem Banner der Kommunistischen Partei (KP) hat der 1969 verstorbene Ho Chi Minh nicht mehr erlebt. Und freilich auch nicht mehr, wie sehr sich die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem südostasiatischen Land gewandelt haben.
Obama ist nämlich schon der dritte US-Präsident, der seit der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen Mitte der 1990er Jahre Vietnam besucht. Und er war um blumige Worte gegenüber seinen Gastgebern nicht verlegen. Seine Visite würde nämlich beweisen, betonte Obama während einer Pressekonferenz, "dass sich Herzen ändern können und Frieden möglich ist".
Und auch ein Geschenk brachte der US-Staatschef mit: Die USA haben das seit 50 Jahren bestehende Waffenembargo gegen Vietnam aufgehoben. Im Gegenzug wollen die USA offenbar Zugang für ihre Marine zumindest zu einem Hafen an der vietnamesischen Küste.
Militärexperten rechnen nun damit, dass Vietnam, das bisher seine Waffen vor allem aus Russland bezogen hat, nun um Drohnen und Aufklärungs-Flugzeuge anfragen wird. Vor allem das Südchinesische Meer will die Führung in Hanoi nun genauer im Auge haben. Denn hier streitet sich Vietnam, so wie viele andere Staaten in der Region, mit China um Inselgruppen und Seegebiete.
Nationalistische Proteste
Obama sagte zwar, dass die Maßnahme nichts mit China zu tun hätte, sondern vielmehr Ausdruck der Normalisierung der Beziehungen zwischen Vietnam und den USA wäre. Allerdings: US-Medien sahen die Aufhebung des Waffenembargos sehr wohl als Ansage gegenüber China an. Und auch Peking wird diesen Schritt wohl anders interpretieren als Obama. So schrieb die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua schon im Vorfeld des Obama-Besuches, dass verbesserte Beziehungen zwischen den USA und Vietnam nicht den Frieden und die Stabilität in Asien gefährden sollten.
Der Inselstreit ist jedenfalls für alle Beteiligten heikles Terrain. Die USA möchten dabei die Großmachtambitionen Chinas einschränken, aber Peking wohl auch nicht zu sehr provozieren. Vietnam wiederum muss hier einen Balanceakt hinlegen: Einerseits möchte die in dem Einparteienstaat herrschende KP gute Beziehungen zu den USA, allein zum Schutz gegen China, pflegen. Andererseits ist Vietnam wirtschaftlich abhängig von China, das der größte Handelspartner ist.
Nach außen hin gibt sich Vietnams Staatsführung gegenüber China kompromisslos. Doch soll es innerhalb von Vietnams KP auch Kräfte geben, die einen stärkeren Ausgleich mit China suchen möchten und Peking als natürlichen Verbündeten ansehen – allein deshalb, weil die beiden Länder das gleiche politische System pflegen. In der Bevölkerung wiederum scheint die Stimmung sehr anti-chinesisch zu sein. Immer wieder kam es zu nationalistischen Protesten gegen China, bei denen eine unnachgiebige Haltung gegenüber Peking – koste es auch militärisch, was es wolle – gefordert wurde.
Die anti-chinesischen Kräfte innerhalb Vietnams erhalten jedenfalls durch das erneute Näherrücken an die USA Auftrieb. Die Staatsführung wiederum wurde durch die Aufhebung des Waffenembargos in ihrer Position gegenüber China gestärkt.
Gar nicht glücklich über diesen Schritt Obamas sind allerdings Menschenrechtsaktivisten. Denn in Vietnam werden Dissidenten unterdrückt und verfolgt. So wurde etwa vor rund zwei Monaten der prominente Blogger und Bürgerrechtler Nguyen Huu Vinh zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, weil er die Alleinherrschaft der Partei kritisiert hatte – und auf nichts reagiert die KP allergischer. Mit der Aufhebung des Waffenembargos habe Obama das letzte Druckmittel gegenüber Hanoi aus der Hand gegeben, hieß es vonseiten der Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch (HRW). "Und er hat eigentlich nichts dafür bekommen", meinte ein HRW-Aktivist. Obama betonte jedoch bei seiner Pressekonferenz, dass die USA die Menschenrechte weiter im Auge behalten würden. Und dass man genau wegen der Menschenrechte auch in Zukunft von Waffenverkäufen absehen könnte – die USA würden das von Fall zu Fall entscheiden.
Obama auch in Hiroshima
Vietnam ist nicht das einzige Land, das Obama in Asien besucht. So wird er auch in Japan an einem G7-Gipfel teilnehmen – und im Anschluss als erster amtierender US-Präsident am Freitag Hiroshima besuchen. Es werde dort allerdings keine Entschuldigung für den US-Atombombenabwurf geben, beantwortete Obama ein entsprechende Frage des japanischen Fernsehsenders NHK. Allerdings wolle er betonen, welches ungeheure Leid die Menschen im Krieg erlitten hätten.