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"Blutbad" an Tokios Börse

Von Lars Nicolaysen, Tokio

Wirtschaft

Es war ein schwarzer Tag für Japans Börsianer. Im Sog der US-Technologiebörse NASDAQ stürzte die asiatische Leitbörse in Tokio am Donnerstag geradewegs ins Bodenlose.


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Kurz vor Handelsende sackte der Nikkei-Index für 225 führende Aktienwerte um mehr als 730 Punkte in den Keller. Zum Schluss notierte das Börsenbarometer einen massiven Verlust von 491,22 Punkten oder 3,5 % beim Stand von 13.423,21 Punkten. Auf diesem kläglichen Niveau hatte der Tokioter Aktienindex zuletzt am 13. Jänner 1999 gelegen.

Vor zehn Jahren hatte der Nikkei noch bei fast 40.000 Punkten gelegen. Doch davon wagt heute keiner der Investoren mehr auch nur zu träumen. Allein seit Beginn dieses Jahres hat die japanische Börse rund 30% verloren. Auslöser für das "Blutbad" am Donnerstag, wie es Händler nennen, war erneut die Ausverkaufsstimmung an der Wall Street. Dort war die US-Technologiebörse NASDAQ am Mittwoch um 7,1 % auf den tiefsten Stand seit März 1999 gestürzt.

Eine baldige Zinssenkung der US-Zentralbank ist nach Ansicht von japanische Finanzexperten der einzige Weg, der NASDAQ und damit letztlich auch dem Nikkei-Index wieder auf die Beine zu helfen. Für Tokios Aktien sei es schwierig geworden, sich vom US-Trend zu lösen, da die Volkswirtschaften beider Länder inzwischen in eine annähernd gleiche Richtung drifteten.

Die Bank von Japan hatte kürzlich die Befürchtungen der Märkte bestätigt, dass sich die japanische Konjunkturerholung verlangsamt. Regierungsvertreter spielten jedoch die neuerlichen Kursstürze an der Börse herunter: Japans Wirtschaft bleibe auf dem Pfad der graduellen Erholung, auch wenn an der Börse Flaute herrsche, sagte Vize- Industrieminister Katsusada Hirose am Donnerstag.

Bis kürzlich sei der Nikkei noch von der Annahme gestützt worden, die Erträge der Japaner seien trotz der Gewinnwarnungen US- amerikanischer Firmen solide, meinen Analysten. Doch könne man sich darauf nun immer weniger verlassen. Im schlimmsten Fall könnte der Nikkei bald auf 12.800 Punkte sacken. Den bisher tiefsten Schlusskurs nach den Spekulationsexzessen Ende der 80er Jahre erreichte der Index am 9. Oktober 1998: 12.879,97 Punkte.

Marktteilnehmer in Tokio sind sich Händlern zufolge inzwischen darin einig, dass das Schicksal der asiatischen Leitbörse jetzt in der Hand der Wall Street liegt. Und so gerieten auch am Donnerstag und damit am bereits sechsten Tag in Folge Aktien diesmal auf ganzer Front ins Taumeln, insbesondere wieder die ohnehin gebeutelten Hochtechnologiewerte. Die Zahl der Aktien, die ein neues Jahrestief schrieben, erreichte 266 und damit den höchsten Stand des Jahres.Von den 266 Werten mit einem neuen Jahrestief notierten 69 sogar Rekordtiefs.