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"Blutdruck-Detektive" gegen Volkskrankheit

Von Brigitte Suchan

Wissen

Bluthochdruck ist in Österreich eine Volkskrankheit und als Risikofaktor maßgeblich für die häufigsten Todesursachen Herzinfarkt und Schlaganfall verantwortlich. Trotzdem sind nur die wenigsten Hypertoniker über Risiko und Krankheit informiert. Rund 30 Prozent der Gesamtbevölkerung leidet unter erhöhtem Blutdruck. Hypertonie wird derzeit definiert, wenn bei einem Patienten von 30 Messwerten mehr als sieben einen Wert von mehr als 135/85 mmHg ergeben.


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Die Experten für Hypertonie, Univ.-Prof. Dr. Dieter Magometschnigg, Leiter des Instituts für klinische Pharmakologie und Univ.-Prof. DDr. Walter Hörl, Leiter der klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse der Inneren Medizin III am AKH fürchten den weiteren Anstieg der Bluthochdruck-Erkrankungen in Österreich.

Die Risiken werden meist unterschätzt. Die Gründedafür sind vielfältig. Zum Teil werden in der Bevölkerung aber auch in der Ärzteschaft Blutdruck-Standards noch als normal empfunden, die nach neueren medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen längst veraltet sind. Professor Magometschnigg: "Die landläufige Meinung, das Lebensalter einer Person plus 100 ergäbe den jeweilig anzustrebenden Blutdruckwert, ist längst überholt."

Nur jeder zweite Kranke weiß überhaupt, dass er tatsächlich krank ist, nur jeder Dritte, der es weiß, wird gegen die Krankheit auch von einem Arzt behandelt, davon nur die wenigsten richtig. Nur 10 Prozent aller in Behandlung befindlichen Bluthochdruck-Patienten erfahren auch die richtige Diagnose.

Auch wenn Bluthochdruck als Phänomen durchaus bekannt ist, schätzen sogar Ärzte das Hypertonie-Risiko nicht immer richtig ein. Die Diagnose verlangt einen hohen Zeitaufwand. Magometschnigg: "Eine Messung ist immer Unsinn, weil zu wenig aussagekräftig. Den neuesten Standards zufolge sind etwa 30 Messungen notwendig, um ernst zu nehmende Erkenntnis über den Blutdruck eines Patienten zu gewinnen. Liegen mehr als sieben von 30 Werten über 135/85 mmHg, hat der Patient Grund zur Sorge und der Arzt Grund zur Therapie!"

Selbstmessung als erster Schritt zur Gesundung

Magometschnigg: "Wir müssen das Problem aus den Ärztepraxen hinaus in die Bevölkerung tragen und das Risikobewusstsein der Bevölkerung verbessern. Die Leute sollen ihren Blutdruck durch Eigenmessungen selbst kennenlernen." Anlässlich eines Pilotprojektes der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie und der Pharma-Firma Servier Austria wurden in den Warteräumen von praktischen Ärzten und in einigen Altersheimen österreichweit Blutdruck-Stationen eingerichtet. Interessierte Patienten können ihren Blutdruck selbst messen und ihre Werte in einen Blutdruck-Pass eintragen. Nach der Sammlung von 30 Messwerten wird die Diagnose durch den Arzt gestellt, und bei Bedarf die Therapie mit blutdrucksenkenden Medikamenten eingeleitet. Letztlich sollen die Patienten im Rahmen dieser Aktion motiviert werden, sich als "Blutdruck-Detektive" zu betätigen und möglichst viele, bisher unentdeckte Hypertoniker in ihrer Verwandtschaft und Bekanntschaft aufstöbern.