Parteien wollen risikobereite Touristen zur Kassa bitten. | Staat zahlt bis jetzt bei Entführungen. | Wien. Die deutsche Botschaft im Jemen wusste es zuerst und informierte das auswärtige Amt in Berlin, das schließlich die Drähte nach Wien heiß laufen ließ: Im Dezember wurden zwei Österreicher im Jemen als Geiseln genommen.
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In Wien wurde sofort ein Krisenstab einberufen und binnen 24 Stunden waren drei Gesandte aus Österreich an Ort und Stelle, um Kontakt zu den jemenitischen Behörden aufzunehmen. Was zahlt der Staat eigentlich für die Risikobereitschaft einzelner Bürger?
Der Aufwand bei dieser relativ glimpflich verlaufenen Befreiungsaktion lasse sich nicht genau berechnen, heißt es aus dem Außenministerium. Lösegeld sei damals angeblich keines bezahlt worden. Zahlen für die Kosten, die Touristen jährlich verursachen, will Georg Schnetzer vom Außenamt nicht nennen. Bei der jemenitischen Aktion wären jedenfalls Flugtickets und die Unterbringung der Beamten Zusatzkosten, aber selbst überschlagsmäßig konnten die nicht genannt werden.
Jetzt reagieren die Vertreter der vier Parlamentsparteien auf die Kosten der "Entführungsindustrie" und fordern eine Rückerstattung der Beträge, die durch diplomatischen Anstrengungen und Rückholungen entstehen.
Der ÖVP-Abgeordnete Michael Spindelegger will bei außergewöhnlichen Aufwendungen einen Regressanspruch des Staates gegenüber Touristen durchsetzen. Josef Cap (SPÖ) und die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, sprechen sich hingegen für eine spezielle Versicherung aus, deren Abschluss bei Reisen in Risikogebiete verpflichtend sein soll. Herbert Scheibner (BZÖ) regte eine Regelung an, die sich an der Kostentragung bei Lawinenopfern orientiere (siehe Kasten).
Reisewarnungen
Die Parteien das Verhalten von Touristen, die fahrlässig Reisewarnungen ignorieren und trotzdem "in See stechen" dem Steuerzahler gegenüber als ungerecht. Denn der Staat muss letztendlich für die Rückholung und Lösegeld aufkommen. Allerdings ist die Reisewarnung eine bloße Service-Information des Außenministeriums, die derzeit unter anderem für Irak und Burundi ausgegeben ist. Sie soll helfen, die Gefahr einzuschätzen, in die sich ein Tourist in bestimmten Zonen begibt (www.bmaa.gv.at).
Zumindest rechtlich hat sie keine Folgen, die Reisefreiheit wird nicht beschränkt. Reisebüros bieten allerdings oft kostenlose Stornierungen von Flügen an, die in als gefährdet eingestufte Gebiete gehen.
"Es ist jedenfalls rechtswidrig, wenn der Staat eine Hilfestellung, etwa bei Geiselnahmen verweigert", erklärt Bernd-Christian Funk, Professor für Staatsrecht in Wien, auch diese Pflicht nicht explitzit in den Gesetzen stehe.. Auch nicht geregelt ist, wer in Österreich die Kosten zu tragen hat.
"Die Hilfe für Bürger ist im Allgemeinen kostenlos", weiß Georg Schnetzer. In Deutschland würden hingegen die unmittelbar verursachten individuellen Kosten wie etwa Medikamente und Rückflugticket dem Geretteten verrechnet.
Lawinenwarnung und Bergungskosten
Ob eine Lawinenwarnung ausgegeben wird oder nicht, hat im Unterschied zur Reisewarnung finanzielle Konsequenzen.
Wenn die Wetterdienste Alarm schlagen, muss der Betreiber des Skigebiets zusammen mit der örtlichen Lawinenkommission die Pisten prüfen, erklärt Ferdinand Eder von der Fachgruppe der Seilbahnen Tirol. Bei Gefahr wären diese zu sperren und wären damit "außerhalb des organisierten Skiraumes" und somit außerhalb der Verantwortung des Pistenerhalters.
Relevant wird das, wenn ein Wintersportler verunglückt: auf einer freigegebenen Piste wird er von der Pistenrettung geborgen. Das erfolgt zumeist kostenlos und ist eine Leistung, die die Seilbahnunternehmen als Pistenerhalter und Betreiber zur Verfügung stellen müssen.
Abseits der regulären Routen, etwa im freien Gelände oder auf den gesperrten Pisten, ist die Situation eine andere. Sollte es zu einem Lawinenabgang oder einem Beinbruch kommen, muss die Bergrettung zum alpinen Einsatz ausrücken. Diese verrechnet die Kosten der Bergung - und das kann teuer kommen.
Denn selbst bei einer speziellen Versicherung, etwa durch Mitgliedschaft in einem alpinen Verein, seien die gesamten Kosten eines Großeinsatzes mit Hubschrauber oft nicht gedeckt, erzählt Eder.