Zum Hauptinhalt springen

Blutige Geschäfte

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Österreich befürwortet ein EU-Waffenembargo gegen Saudi-Arabien. Heimische Produzenten verdienen gut dort.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Ein blutiger Bürgerkrieg im Jemen, der laut UNO eine Hungersnot und humanitäre Katastrophe "bisher unbekannten Ausmaßes" mit sich bringt. Laufende Verletzungen der Menschenrechte. Und jüngst die Ermordung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi, die dem Drehbuch eines Agenten-Thrillers entsprungen sein könnte. Saudi-Arabien steht schon lange in der internationalen Kritik. Nun debattieren die EU-Staaten über ein Waffenembargo für den reichen Golfstaat. Spanien und Frankreich sind dagegen, Österreich dafür.

Österreichs Außenministerin Karin Kneissl sprach sich vergangenen Woche gegenüber der deutschen "Welt" für ein EU-weites Waffenembargo für Saudi-Arabien aus: "Vor allem der schreckliche Krieg im Jemen und die Katar-Krise sollten uns Anlass sein, als Europäische Union gegenüber Saudi-Arabien endlich gemeinsam zu handeln. Wenn wir als gesamte EU Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien stoppen, kann das ein Beitrag zur Beendigung dieser Konflikte sein."

Dabei haben heimische Waffenhersteller bisher sehr gute Geschäfte mit dem Golfstaat gemacht. Allein 2016 stellte Österreich neun Exportlizenzen für die Ausfuhr von Waffen, Teile und Zubehör für Kaliber unter 12,7 Millimeter beziehungsweise 20 Millimeter bei Glattrohrwaffen, Fahrzeuge und Bestandteile, sowie Fahrzeuge und Schutzausrüstungen aus, im Wert von zehn Millionen Euro. Das geht aus den Daten hervor, die Österreich im Rahmen des jährlichen Waffenexportberichts an die EU melden muss.

Keine Militärexporte mehr

Zwischen 2006 und 2016 haben österreichische Waffenproduzenten 22.105 Granaten, 379 Granatwerfer und 10.636 Maschinenpistolen geliefert. Das besagt eine parlamentarische Anfrage der Grünen an die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Seit 2015 werden aber keine neuen Lizenzen für Lieferungen von Kriegsmaterialien nach Saudi-Arabien genehmigt, sagt Regierungssprecher Andreas Steindl.

Waffenexporte sind in Österreich genehmigungspflichtig, genauer durch das Innen- oder Wirtschaftsministerium in enger Abstimmung mit dem Verteidigungs- und Außenministerium. Das Kriegsmaterialgesetz verbietet zudem die Ausfuhr von militärischen Waffen an kriegsführende Staaten und solche, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden. Seit 2015 wird auch Saudi-Arabien wegen des Krieges im Jemen als kriegsführender Staat klassifiziert. "Wir liefern seit 2015 keine militärischen Waffen nach Saudi-Arabien", beteuert Steindl.

Für 2016 meldete Österreich Kleinkaliberexporte nach Saudi-Arabien im Wert von über vier Millionen Euro. "Beim überwiegenden Teil der Exporte handelt es sich um Jagdwaffen und Zubehör", sagt Wolfgang Schneider vom Wirtschaftsministerium auf Nachfrage. Und: In den vergangenen eineinhalb Jahren seien die Exporte in die Golfstaaten spürbar zurückgegangen. Offizielle Zahlen zu 2017 gibt es noch nicht. "Die Unternehmen geraten selbst mehr unter Druck in der Öffentlichkeit", meint Schneider.

Heimische Unternehmen haben seit 2004 Waffen, Munition, Fahrzeuge und Ähnliches in über 160 Länder exportiert. Das Problem ist, dass österreichische Erzeugnisse trotz strenger Ausfuhrbestimmungen in der Vergangenheit immer wieder über Hinterhöfe in Kriegsgebieten landeten. 2015 schrieb das "profil", dass Steyr-Gewehre im Syrien-Krieg aufgetaucht sind, die aus einem saudischen Waffenlager stammen sollen. 2010 sollen Glock-Pistolen in die Hände der Terrormiliz Islamischer Staat gefallen sein, berichteten Menschenrechtsorganisationen. Anfragen zu Waffenlieferungen beim heimischen Produzenten Glock blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet.