Unternehmen verlangen Bluttests von Bewerbern. | In Österreich nur Untersuchungen auf Gendefekte verboten. | Wien. Werden Bewerber von ihrem potenziellen Arbeitgeber zu einem Gesundheitscheck gebeten, so sollten die Betroffenen nicht vorbehaltlos zustimmen. Denn Unternehmen nützen oftmals einen rechtlichen Graubereich aus, wenn sie Blut- oder HIV-Tests von Interessenten verlangen.
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"Der Arbeitgeber darf nur in besonderen Fällen, wenn es die Art der Tätigkeit erfordert, die Eignung durch eine medizinische Untersuchung überprüfen lassen", sagt Arbeitsrechtsexpertin Irene Holzbauer von der Arbeiterkammer (AK).
Welche Werte überprüft werden dürfen, ist allerdings nicht eindeutig geregelt. "In Österreich sind nur DNA-Untersuchungen auf Gendefekte für Bewerber gesetzlich verboten", sagt Datenschützer Hans Zeger von der Arge Daten.
Eignungstest auch für Bürojob gerechtfertigt?
Die Unternehmen interpretieren ihren Spielraum offenbar großzügig, Gerichtsurteile zu diesem Thema sind bisher Mangelware. "Rechtlich gibt es keine Vorschriften, das macht die Lage so schwierig", sagt Holzbauer.
Für welche Berufe ist eine Untersuchung gerechtfertigt? Krankenschwestern etwa werden auf Hepatitis getestet, Piloten müssen einen Eignungstest bestehen, und für Busfahrer ist ein Sehtest denkbar. Fragwürdig ist jedoch, ob für einen Bürojob eine gesundheitliche Eignung mit einem Bluttest festgestellt werden muss, meinen Datenschützer. Wird von allen Bewerbern unabhängig von ihrer Tätigkeit ein Bluttest verlangt, hält Zeger dies für einen "unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre".
In Deutschland entflammte vor kurzem eine Debatte, weil der Autobauer Daimler bei Einstellungsuntersuchungen Blutproben von seinen Bewerbern verlangte. Nach Kritik von Datenschützern ruderte Daimler zurück: Bewerbern für kaufmännische Arbeitsplätze in der Verwaltung werde vorläufig kein Blut mehr abgenommen, teilte das Unternehmen mit. Anwärter auf Jobs in der Produktion werden aber weiter getestet.
Auch beim Nivea-Hersteller Beiersdorf ist in Deutschland eine freiwillige Blut- und Urinuntersuchung für Bewerber für die Produktion und das Labor Usus. Der Konzern begründet die Tests damit, dass geprüft werde, ob die Beschäftigten Impfungen vertrügen, weil sie häufig im Ausland seien. "In Österreich haben wir weder Produktion noch Labor, deshalb gibt es keine Bluttests", sagt Beiersdorf-Sprecherin Susanne Weichselbaum.
Doch auch hierzulande scheinen einige Unternehmen Bluttests zu verlangen: Bei der AK fragten bereits einige Bewerber an, ob sie sich Blut abnehmen lassen müssen. "Beschwerden hat es aber noch keine gegeben", so Holzbauer.
Generell dürfe der Arzt nur mitteilen, ob der Bewerber für die Stelle geeignet ist oder nicht, sagt die Expertin. Dem Arbeitgeber müssen keine Details der Untersuchung mitgeteilt werden. "Der Arzt unterliegt der Schweigepflicht. Der Betroffene müsste also vorher zustimmen, dass die Diagnose ans Unternehmen weitergeleitet wird", so Holzbauer. Doch wer mit einem Test einverstanden ist, wird vielleicht auch der Weitergabe der Daten an den Betrieb zustimmen, gibt Zeger zu bedenken.
Damit die Blutprobe nicht in falsche Hände gerät, rät Zeger, sich nicht vom Betriebsarzt untersuchen zu lassen: "Schlagen Sie dem Unternehmen vor, ein Attest über die Arbeitsfähigkeit vom eigenen Arzt zu bringen."
Wer sich weigert, hat schlechte Karten
Grundsätzlich sind medizinische Untersuchung zwar freiwillig. "Verweigert ein Bewerber die Untersuchung, ist aber in der Praxis fraglich, ob er im Bewerbungsprozess weiterkommt", meint Holzbauer. Obwohl es keine Verpflichtung gebe, sei immer die Frage, wie sehr der Bewerber unter Druck stehe.