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BMW beendet britisches Abenteuer

Von Gernot Heller

Wirtschaft

Für den traditionsreichen britischen Autohersteller Rover Cars wird es eng. Was dessen Mutterkonzern BMW noch nicht offiziell sagen will, wird in Firmenkreisen bereits eindeutig formuliert: der | Vorstand will sich vom verlustreichen Rover-Pkw-Geschäft trennen, weil kein Ende der langen Verlustphase in Sicht ist. "Das Genick hat Rover gebrochen, dass England nicht dem Euro beigetreten ist", | sagt ein Firmeninsider.


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"Wir haben doch wirklich erhebliche Verbesserungen bei Rover Cars in Produktivität und Effizienz erzielt", hieß es im BMW-Konzern resignierend. Doch alle Fortschritte seien vom hohen Pfundkurs von

derzeit knapp 3,20 DM zunichte gemacht worden. In der Branche ist von einem "Hase und Igel"-Rennen die Rede, an dem BMW letztlich gescheitert ist. Natürlich habe man sich mit der britischen Regierung

über Möglichkeiten unterhalten, Nachteile auszugleichen, doch "sonderlich groß war die Bereitschaft dazu nicht", hieß es.

Sah es über Monate so aus, als werde die Entscheidung der EU-Kommission über die Zulässigkeit von britischen Beihilfen zur Modernisierung des Rover-Traditionswerkes in Longbridge von 450 Mill. DM

über die Zukunft von Rover Cars entscheiden, so spielte das zuletzt laut Branchenkreisen nicht mehr die große Rolle. Die durch die Währungsseite mitbedingten Probleme, aber auch die internen

Schwierigkeiten, die Effizienz und Qualität bei Rover unter verstärktem Einsatz deutscher BMW-Manager schnell zu verbessern, seien gewichtiger gewesen.

Die absehbare Entscheidung jedoch, sich nun von Rover Cars zu trennen und deren Aktivitäten - bis auf Land Rover und den Mini - an eine nicht namentlich genannte Investorengruppe zu veräußern, wird

BMW noch belasten, hieß es weiter. Inzwischen seien es nicht nur Wertberichtigungen, die durch einen vermutlich sehr billigen Verkauf des Kerns von Rover Cars anfallen würde. "Schließlich hat BMW in

den letzten Monaten versucht, die Probleme bei Rover durch eine stärkere Integration in die Gruppe in den Griff zu bekommen", hieß es.

Das 1994 begonnene "Abenteuer" mit dem "englischen Patienten" Rover Cars endet damit für BMW wohl in einem Waterloo. Rund 2,2 Mrd. DM hatte BMW für Rover Cars seinerzeit gezahlt, auf weit mehr als 5

Mrd. DM dürften sich darüber hinaus die aufgelaufenen Verlustübernahmen in Investitionen bei Rover belaufen, die über die Jahre angefallen seien, hieß es in Branchenkreisen.

Den damals gerade erst bestellten BMW-Vorstandschef Bernd Pischetsrieder hat dieser Problemfall seinen Job gekostet. Vor einem Jahr fiel in einer turbulenten Aufsichtsratssitzung, bei der bereits die

Rover-Krisenbewältigung im Zentrum stand, die Entscheidung, sich von ihm zu trennen. Der Manager tritt in Kürze in den Volkswagen-Vorstand ein. Die damalige Nummer zwei im Konzern, Wolfgang Reitzle,

ging ebenfalls und verantwortet heute die Jaguar-Aktivitäten von Ford. Reitzle kann sich bestätigt fühlen - er war derjenige, der von Anfang an gegen das Rover-Engagement argumentierte und lediglich

Interesse an der profitablen Sparte Land Rover hatte.

Pischetsrieders Nachfolger Joachim Milberg, dem hohe Verdienste für die technologische Führungsrolle der BMW-Werke in der Produktion gegeben werden, konnte das Problem seines Vorgängers gleichfalls

nicht bewältigen. Seine Position im Konzern, so ist bei BMW zu hören, ist dadurch geschwächt worden. Doch die dominierende Großaktionärsfamilie Quandt hält weiter an Milberg und an ihrem BMW-

Engagement fest. Das ist immerhin der beste Schutz vor Übernahmegefahren, sagen Firmeninsider.