Der Stahlkonzern Böhler-Uddeholm ist, wie andere heimische Industriebetriebe, mit der Zuteilung der Gratis-Emissionszertifikate nicht zufrieden und fühlt sich besonders schlecht behandelt. "Wir werden uns diese Zuteilung nicht gefallen lassen", erklärt Vorstand Heimo Stix. Im Extremfall werde das Unternehmen bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Konzern-Chef Claus Raidl droht, Ausbaupläne in Österreich zu streichen und Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern.
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Der Weltkonzern Böhler-Uddeholm hat seinen Sitz in Kapfenberg, dort fällt auch die größte Menge an Treibhausgasen an. Da der Konzern in den letzten fünf Jahren Investitionen von 12 Mill. Euro in Umweltschutz getätigt habe, sieht Raidl keinen Anlass, sich nun vom Emissionshandel und dem davor einhergehenden Gefeilsche um die Gratis-Emissionszertifikate womöglich die Erträge schmälern zu lassen. Das Wachstum beim Emissionsausstoß müsse berücksichtigt werden, fordert Raidl. Dem Unternehmen seien um 45.000 t mehr versprochen worden, sollte es nicht noch zu einer Lösung kommen, überlegt der Vorstand ldie Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland. "Die Behörden müssen sich überlegen, ob sie das Wachstum mit Zertifikaten abdecken oder nicht." Pro Tonne Kohlendioxid müssen in etwa 13 Euro veranschlagt werden, womit Böhler mit knapp 600.000 Euro belastet wäre.
Doch derzeit hat der Stahlkonzern größere Aufgaben zu bewältigen. In Brasilien wurde Villares Metals S.A. übernommen. Die Investition kostete rund 61 Mill. Euro (74 Mill. US-Dollar). Villares ist in Lateinamerika Marktführer bei Edelstahl in den Segmenten Werkzeugstahl, Schnellarbeitsstahl und Ventilstahl. Das Unternehmen erreichte 2003 einen Umsatz von 151 Mill. Euro (184,4 Mill. US-Dollar) und beschäftigt etwa 1.400 Mitarbeiter. Die Transaktion wurde von den Rechtsanwälten Eckert & Fries begleitet. Die Kanzlei kassierte dafür 250.000 Euro. Rudolf Fries ist auch Böhler-Großaktionär und Aufsichtsrat.
Neuer Chef der brasilianischen Böhler-Tochter wird der scheidende Voestalpine-General Franz Struzl, der vor einem dreiviertel Jahr wegen einer Aktien-Insidertransaktion in die Schlagzeilen kam und kurz darauf seinen Rücktritt antrat. Raidl ist froh, dass er den Manager, den er seit vielen Jahren gut kennt, für den Villares-Posten gewinnen konnte.
Zu kämpfen hat das Unternehmen, wie die gesamte Stahlbranche, mit steigenden Preisen für Schrott, Legierungen und Energie. Die Schrottpreise sind 2003 um rund 50% gestiegen. Das hat vor allem der größten Böhler-Division High Performance Metals die Spannen verringert. Durch Preiserhöhungen konnte der Konzern das EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) um 3% auf 77,4 Mill. Euro steigern. Für dieses Jahr kündigt Raidl Preiserhöhungen in dieser Division zwischen 3 und 5% an. Über alle vier Divisionen - die weiteren sind Welding Consumables, Precision Strip und Special Forgings - werden die Preise zwischen 2 und 3% steigen.
Böhler-Problemkind ist die Nischen-Divison Special Forgings, die Flugzeugteile und Turbinenschaufeln herstellt. Durch geringe Nachfrage der Flugzeug- und Kraftwerksbauer ging der Umsatz um 17% auf knapp 80 Mill. Euro zurück. Das EBIT schwand sogar um 84% auf 1,7 Mill. Euro. Rund 100 der 450 Mitarbeiter wurden abgebaut.
Erfreulicher gestalteten sich die Gagen der vier Böhler-Vorstände. Diese stiegen 2003 um 136.000 Euro auf in Summe 2,186 Mill. Euro. Top-Verdiener ist Raidl mit einem Jahresbezug von 666.300 Euro.