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Bolivien ermöglicht Unasur den ersten Auftritt: Keine Chance für Sezessionen in Südamerika

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Am Rande eines Bürgerkriegs stehend hat Bolivien einen Strohhalm zu fassen bekommen: Das Bündnis Unasur, dem alle südamerikanischen Staaten angehören. Es sprach Präsident Evo Morales im Kampf gegen oppositionelle Separatisten volle Unterstützung zu. | Obwohl gemäßigt und förmlich gehalten, hatte die Erklärung der Unasur eine deutliche Botschaft: Kein südamerikanisches Land würde einen neuen autonomen bolivianischen Teilstaat anerkennen - ein Schuss vor den Bug für den reichen Teil des Landes, der sich wegen der geplanten Umverteilungspolitik des Präsidenten abspalten will.


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Gleichzeitig mit ihrer Unterstützung für Morales hat die Unasur erstmals die Gelegenheit wahrgenommen, in Erscheinung zu treten. Noch bei ihrer Gründung vor vier Monaten war sie nicht einmal in der Lage, eine funktionierende Internetseite zu präsentieren, geschweige denn glaubhaft zu machen, dass sie die neue gesamt-südamerikanische Kraft nach Vorbild der Europäischen Union sei.

Das bisher stärkste amerikanische Staatenbündnis, die Organisation Amerikanischer Staaten, der auch die USA angehören, ist in der Bolivien-Affäre nur mehr stiller Beobachter. Washington nimmt die Angelegenheit dafür ohnedies in die eigene Hand. Schließlich wurde Amerikas Botschafter Philip Goldberg ausgewiesen, nachdem ihm Evo Morales vorgeworfen hatte, einen Umsturz gegen ihn zu unterstützen.

Die bolivianische Regierung hat Goldberg wohl von Anfang an mit einem gewissen Unbehagen gesehen. Dass Washington mit ihm einen Sezessionsspezialisten nach La Paz schickte, der direkt aus dem Kosovo nach Bolivien kam, mag gesunder Pragmatismus gewesen sein, wenn auch vielleicht ein wenig mangelndes Fingerspitzengefühl.

Die USA haben mittlerweile einen Gang höher geschaltet und Bolivien auf die Schwarze Liste von Ländern gesetzt, denen sie Versäumnisse im Kampf gegen den Drogenhandel vorwerfen. Dort ist Bolivien in Gesellschaft von Ländern wie Brasilien oder Indien und somit noch ein großes Stück davon entfernt, den Bösen zugerechnet zu werden, wenn auch die Verbundenheit mit Venezuelas sozialistischem Staatschef Hugo Chávez die USA alles andere als freut.

Diesen wiederum hatte die Unasur erstaunlich gut unter Kontrolle, was sich in der letztlich gemäßigten Erklärung zeigte, auf die sich die Länder einigten.

Doch die war nur ein erster Schritt. Denn die Unversöhnlichkeit der Volksgruppen ist damit noch lange nicht überwunden. Morales kann sich sicher noch gut daran erinnern, wie er seinerzeit selbst Massenproteste gegen die Regierung organisiert hatte und sein Vorgänger nach blutigen Unruhen sein Amt niederlegen musste. Nur wenn der Konflikt gelöst wird, hätte auch die Unasur endlich ein starkes Signal ihrer Existenzberechtigung erbracht.