Ein neuer Film will Integrationsanreiz sein. | Austro-Bollywood bietet neue Möglichkeiten für Filmschaffende. | Österreich für Inder ein attraktives Land. | Wien. Der Regisseur, Produzent und Schauspieler Sandeep Kumar sieht in seinen Filmen das Potenzial, um Probleme des Zusammenlebens zu überwinden und Integration zu erleichtern. Kumar ist in New Delhi, Indien geboren und aufgewachsen. Nach Aufenthalten in den USA und Deutschland lebt er nun in Wien.
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Seine Leidenschaft für Theater und Schauspielerei geht bis zu seiner Schulzeit zurück, wo er mit dem jetzigen indischen Superstar Shah Rukh Khan auf der Bühne stand. Neben seinem Job als Managementberater hat Sandeep in den letzten Jahren mehrere Dokumentar- und kurze Spielfilme gedreht, die auf Filmfestivals in Europa und Indien gezeigt wurden. "Kesariya Balam - Liebe ohne Grenzen" ist der erste österreichische Bollywood-Film. Der Film spielt in Wien und thematisiert die Liebe zwischen Mutter und Tochter, Wiedergeburt sowie die Liebe zweier Frauen zu dem gleichen Mann. Kumar übernahm für den Film die Rolle von Regisseur, Produzent und Schauspieler.
Austro-Bollywood-Film
Kumar erfand das Genre "Austro-Bollywood Film", "weil ich denke, dass Inder und Österreicher die gleichen Gefühle haben, aber eine andere Ausdrucksweise. Ich habe versucht, eine Kombination aus den verschiedenen Vorzügen der beiden Kulturen zu schaffen. Ich wollte einen Film zu machen, der Emotionen weckt und den so viele Menschen wie möglich gerne sehen." Doch es sollte kein typischer Bollywood-Film werden, "denn diese sind nur für Inder gemacht. Es gibt kulturelle Elemente in den Filmen, die Europäer nicht verstehen. Das wollte ich verhindern, genauso wie die extreme Länge der Bollywood-Filme. Dagegen ist Österreich ideal als Setting für einen Film. Wenn sich Inder Romantik vorstellen, dann sind es immer solche Szenerien. Wien und Österreich hat ein eingebautes romanisches Flair. Es fehlt mir nur das Indische. Ich habe österreichische Kulturelemente genommen und indisch verpackt."
"Das große Geheimnis von Bollywood ist, dass die Filme den Zuschauer glücklich machen. Deswegen gibt es Menschen, die sich denselben Film zehn, sogar hundert Mal ansehen. Das muss auch der Grund sein, warum wir so viele Preise bekommen haben, obwohl Kesariya Balam kein typischer Festivalkunstfilm ist", erklärt Kumar. Bollywood-Filme waren nicht immer so beliebt wie heutzutage. "In den 1970ern, 80ern war das gängige Indienbild das der Spiritualität, Fakire und Elefanten. Jetzt ist es Bollywood. Das bietet der Welt einen neuen Blick auf Indien. Mein neues Genre bietet nun den Indern eine neue Blickweise auf Europa. Es zeigt ihnen, dass es doch nicht so ganz fremd ist, die können auch so sein wie wir." Aus diesem Grund hat der Filmemacher darauf geachtet, viele Elemente zu zeigen, wie ein Inder Österreich oder Wien sieht, "denn die Wahrnehmung ist anders. Die rote Bim beispielsweise ist etwas, was Indern sofort auffällt, oder die Fiaker und die Donauinsel. Es gibt für mich kein besseres Mittel, die beiden Kulturen zusammenzubringen. Selbst Hardliner, die mir von Anfang an meinten, dass man das nicht verbinden könne, fanden den Film schön und haben ihre Meinung geändert."
Der Filmemacher hat selten so viele verschiedene Nationalitäten auf einem Fleck gesehen wie in Wien: "Diese Stadt ist trotz aller politischen Propaganda ein ideales Beispiel von Zusammenleben, auch wenn es Probleme geben mag."
Gemeinsame Sprache finden
Die Diskussion um Integration findet er überbewertet: "Ich bin in Indien aufgewachsen, einem Vielvölkerstaat mit vielen Religionen und Sprachen. Da lernt man Flexibilität ganz von selbst. Für mich haben Unterschiede zwischen Menschen nicht mehr viel mit Kulturellem und Sprachlichem zu tun, sondern mehr mit anderen Denkweisen. Egal wo und mit wem man zusammentrifft, die Hürde ist immer die gleiche." Es gelte, eine gemeinsame Sprache zu finden, nicht nur verbal, sondern auch eine gemeinsame Form der Verständigung. "Ich fokussiere lieber auf Ähnlichkeiten, denn durch das Zeigen von Unterschieden entstehen natürlich auch Unterschiede."
Integration ist für Kumar "der Wille, die Faszination für das, was mich umgibt. Ich habe eine eigene Kultur, die ich nicht aufgebe, will aber eine andere Kultur aufnehmen. Wenn man etwas genug will, muss man sich gar nicht allzu sehr bemühen. Ich habe an mir selbst bemerkt, dass ich einfach gut mit Menschen umgehen kann, die mir sympathisch sind, egal woher sie kommen. Sprache spielt beim Kontakt eine gewisse Rolle, aber der Wille ist am wichtigsten." Kurse für Integration oder dergleichen hält Kumar aus diesem Grund für unnötig: "Das Gefühl, eine Kultur zu mögen, ist der beste Türöffner."
Um dieses Gefühl in den Menschen auszulösen, muss man Anreize schaffen, beispielsweise mit Kumars Film. Er zeigt nicht zuletzt den 20.000 Indern in Österreicher, wie schön das Land ist, in dem sie leben, wie interessant es sein kann, einmal durch den ersten Bezirk zu schlendern. "Im Film tanzt die Hauptdarstellerin im Sari vor dem Stephansdom. Diese Szene öffnet den Ort für neue Bedeutungen. Vielleicht wird es auch eine Art Filmsightseeing geben, wie das in Indien längst gang und gäbe ist", so Kumar.
Auch der Filmdreh selbst war ein Integrationsprojekt. Mitarbeiter aus zwölf Staaten arbeiteten zusammen und wurden von der Bevölkerung unterstützt, wo es nur ging. "Das zeigt, dass Bollywood über die Emotionalität ganz verschiedene Menschen verbindet. Jeder mag andere Aspekte der Filme, doch alle arbeiten zusammen", erklärt Kumar begeistert. Auch der Titel "Liebe ohne Grenzen" steht für den Integrationsgedanken schlechthin. Wenn es Liebe und Harmonie gibt, dann gibt es keine Grenzen."
http://www.kesariya-balam.at/