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Bomben und Spitzenhäubchen

Von Francesco Campagner

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Nach Bill Clinton und Monica Lewinsky war nun Franz Fuchs an der Reihe. Das Verhör des noch nicht rechtskräftig verurteilten Bombenlegers wurde im Fernsehen gesendet. Eine "Zeit im Bild · Spezial"

am Mittwochabend in ORF 2 brachte die quotenträchtigen Bilder in jedes Heim. Vom Untersuchungsrichter verhört, plauderte Fuchs sichtlich erfreut wie ein Hobbybiologe über gelungene Kreuzungen.

Fachverständige und U-Richter streuten hie und da kleine Fragen ein, die dem Mann aus Gralla wie Bauchpinseleien vorkamen. Wären diese Aufnahmen nicht real in dem kleinen steirischen Dorf entstanden,

man hätte geglaubt, einem "Arsen und Spitzenhäubchen" auf österreichisch beizuwohnen. Die Sanftheit, mit der Fuchs über seine Taten und sogar über den Versuch, sich selbst umzubringen, sprach, zeigte

eine anderes Bild des Mannes, der in den letzten Wochen nur durch Parolenbrüllen auffiel.

Diese Form der verbal ausgedrückten Gewalt geht zur Zeit in der Diskussion über "Gewalt im TV" unter. Ein Psychologe aus den Niederlanden sprach sich in der "ZiB 2" sogar für das dosierte Senden von

besonders brutalen Bildern in Nachrichtensendungen aus. Doch stellt sich im allgemeinen die Frage, ob nicht eher das Problem an der Basis, nämlich in den Familien selbst, angegangen werden sollte.

Die Illusion, TV könne Bildung vermitteln, wurde schon zu Grabe getragen. Der Glaube, daß das Fernsehen als Erzieher einspringen könne, wird wohl in geraumer Zeit folgen.