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Bombenterror und Morde vor der Wahl

Von Anne-Beatrice Clasmann

Politik

447 Sitze, davon 117 für Frauen


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Seit zehn Jahren experimentieren die Iraker jetzt schon mit der Demokratie. Doch die Politik im einstigen Reich von Saddam Hussein wird bis heute von korrupten Gestalten dominiert, in deren Taschen ein Großteil der staatlichen Öleinnahmen versickert. An diesem Samstag sollen die Provinzräte gewählt werden.

Zwar kandidieren auch einige Dutzend Idealisten. Doch ihre Chancen, einen echten Wandel herbeizuführen, sind angesichts der gewaltgeladenen Atmosphäre in einigen Regionen gering. Nach Angaben der Wahlkommission zogen alleine in der Stadt Mossul 14 Bewerber ihre Kandidatur zurück, nachdem sie Todesdrohungen erhalten hatten.

Am Sonntag wurde der Kandidat Najim al-Harbi, der für die säkulare Liste Iraqiya antrat, von einer Bombe zerfetzt. Auch drei seiner Brüder kamen bei dem Anschlag bei Bakuba um. Harbi ist mindestens der 14. Kandidat, der im Wahlkampf ermordet wurde. Fast gleichzeitig wurde der Spitzenkandidat der konkurrierenden Liste Irada in der Provinz bei einem weiteren Anschlag schwer verletzt.

Die Zahl der Terroranschläge und Attentate hat seit der Eskalation des Parteienstreits in Bagdad wieder zugenommen. Die UNO-Mission für den Irak (UNAMI) zählte alleine im März 456 Tote, darunter 227 Angehörige der Sicherheitskräfte.

Am 6. April sprengte sich während einer Wahlkampfveranstaltung in Bakuba ein Selbstmordattentäter in die Luft; 23 Menschen starben. Martin Kobler, der Leiter der UNO-Mission, erinnerte die Sicherheitskräfte nach dem Anschlag an ihre Verantwortung dafür, "die Kandidaten und ihre Unterstützer zu schützen".

Gewählt wird nur in 12 der 18 Provinzen. Denn die drei kurdischen Autonomieprovinzen Erbil, Suleimaniyah und Dohuk haben sich vom Rest des Landes schon in vielerlei Hinsicht abgekoppelt. Sie wollen ihre Provinzräte voraussichtlich erst im kommenden September austauschen. In der nördlichen Provinz Tamim mit der Hauptstadt Kirkuk fällt die Wahl wahrscheinlich wegen des seit Jahren andauernden Konflikts zwischen Kurden, Arabern, Turkmenen und Christen komplett aus.

Nach einer Serie von Terroranschlägen im März hatte der schiitische Regierungschef Nuri al-Maliki zudem beschlossen, die Wahl in den vorwiegend von Sunniten bewohnten Provinzen Anbar und Ninive auf einen nicht näher bestimmten Zeitpunkt zu verschieben. Seine Kritiker finden das nicht logisch. Denn die meisten dieser Anschläge richteten sich gegen Ziele in der Hauptstadt Bagdad.

Al-Maliki liegt mit den politischen Führern der Sunniten ohnehin seit vier Monaten im Clinch. Nachdem die Justiz gegen mehrere von ihnen Ermittlungen wegen angeblicher Terroraktivitäten aufnahm, begann eine Serie von Protestkundgebungen, die seither nicht abreißt. Zentren des Widerstandes sind vor allem die Provinz Anbar und die Stadt Mossul.

Die Demonstranten fordern unter anderem die Freilassung von Häftlingen, die seit Jahren ohne Anklage einsitzen, sowie mehrere Gesetzesänderungen. Doch das eigentliche Problem liegt tiefer: Viele Angehörige der sunnitischen Minderheit fühlen sich seit Saddams Sturz durch die US-Armee 2003 von der Regierung benachteiligt, in der die Mehrheit der Schiiten das Sagen hat.

Insgesamt bewerben sich diesmal mehr als 8.100 Kandidaten um 447 Sitze in den Provinzräten. 117 Sitze sind für Frauen reserviert.

(dpa)