Klingt einfach, durchschaubar, unproblematisch und leicht erreichbar. Bloß ein paar Zeilen im Gesetz, sogar verständlich und plausibel formuliert. Eine steuerliche Begünstigung für Arbeitgeber, | die nicht nur in betriebliches Sachkapital, sondern auch in Humankapital investieren. Ein steuerfreier Bonus für Firmen, die ihre Mitarbeiter zur Aus- und Fortbildung abstellen. Ein Steuergeschenk?
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Jedenfalls ein Ansporn zur betrieblichen Bildungsoffensive: Seit heuer gibt es den neuen Bildungsfreibetrag. Der 9%-ige Investitionsfreibetrag für betriebliche Anlagenzugänge war wohl das Vorbild:
Die wünschenswerte Aus- und Fortbildung von Arbeitnehmern für den optimalen Einsatz am Arbeitsplatz sollte mit einem gleich hohen neuen Bildungsfreibetrag (BFB) belohnt werden und die
Aufmunterungsaktion der (damaligen) Bundesregierung abrunden.
Fiktive Betriebsausgabe
Der BFB ist eine fiktive steuerabsetzbare Betriebsausgabe; er wird berechnet von den Ausbildungs- und Fortbildungskosten, die ein Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer aufwendet. Die Rechtsform des
Unternehmers spielt keine Rolle, ebensowenig, ob es sich um einen Bilanzierenden oder um einen Einnahmen-Ausgaben-Rechner handelt; auch Freiberufler sind aufgerufen.
Die neue Begünstigung gilt ab dem Veranlagungsjahr 2000, könnte also von Unternehmern mit abweichendem Wirtschaftsjahr auch schon für Aufwendungen vor dem 1. Jänner 2000 beansprucht werden.
Begünstigte Schulungen
Die 9%-ige Prämie begünstigt alle Aufwendungen des Arbeitgebers, die direkt für Schulungs- und/oder Fortbildungsmaßnahmen zugunsten der (eigenen) Arbeitnehmer im betrieblichen Interesse anfallen
und von fremden Veranstaltern (z.B. WIFI, BFI, Volkshochschulen, Seminarveranstaltern, Fachhochschulen, Uni-Lehrgängen, usw.) dem Arbeitgeber in Rechnung gestellt werden. Die Fremdrechnung ist also
ganz wichtig, denn Aufwendungen für betriebseigene Bildungseinrichtungen (z.B. Schulungsabteilungen) oder für konzerneigene Schulungen sind nicht begünstigt. In einer vor kurzem veröffentlichten
Erläuterung des Finanzministeriums wird beispielhaft aufgezählt, welche Aufwendungen für den BFB in Frage kommen und welche nicht.
So bilden die Gebühren für Kurse, Lehrgänge, Seminare, Vorträge und ähnliche Veranstaltungen eine begünstigungsfähige Grundlage. Dazu gehören auch die Kosten für Fachbücher, Lehrbehelfe oder
Skripten, ferner die zum Lehrgang notwendigen Arbeitsmittel (die "geringwertig" oder über AfA zu verrechnen sind; ein zusätzlicher Investitionsfreibetrag darf für solche Geräte allerdings nicht
beansprucht werden). Auch Raumkosten für extern angemietete Schulungsräume, für Video-, Lautsprecher-, Bildwand- oder Overheadgeräte können zu den BFB-fähigen Aufwendungen gehören.
Nur für "echte" Dienstnehmer
Nicht begünstigt sind dagegen die Kosten der (externen) Unterbringung und Verpflegung, die Fahrt- und Reisekosten zu den Veranstaltungsorten sowie eventuelle Tages- und Nächtigungsgelder. Kosten
für die Pausenverpflegung, für den Zwischendurch-Kaffee oder für ein Mittagessen, die in der Kursgebühr enthalten sind, brauchen jedoch nicht ausgeschieden zu werden.
Das Gesetz will nur die Bildungsausgaben für "echte" Arbeitnehmer begünstigen, eventuell auch für Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Firmenbeteiligung bis 49%. "Freie" Dienstnehmer oder
"Werkvertragler" sind vom BFB-Bonus ebenso ausgeschlossen wie die Unternehmer selbst oder Gesellschafter einer Personengesellschaft.
Fremdaufwand begünstigt
Berechnungsgrundlage des 9%-igen Freibetrages (der · obgleich flexibel · in der Praxis wohl immer mit diesem Höchstbetrag beansprucht werden wird) ist also der Fremdaufwand, dokumentiert durch
Rechnungen der externen Bildungseinrichtungen. Normalerweise erfolgt die Berechnung vom Nettoaufwand, bei vorsteuerverwehrten Unternehmern vom Bruttoaufwand. Kostenersätze, Vergütungen von dritter
Seite oder Kostenbeiträge des Arbeitnehmers im gleichen Jahr kürzen die BFB-Grundlage; in späteren Jahren führen sie zu einer Rückverrechnung des (damaligen) BFB.
Lohnabgaben fallen vom BFB ebensowenig an, wie von den bezüglichen Aus- und Fortbildungskosten. Vorsteuerberechtigte Unternehmer können die Vorsteuern aus den Aufwendungen geltend machen (im übrigen
natürlich auch von jenen betrieblich veranlassten Bildungsaufwendungen, die nicht BFB-begünstigt sind).
BFB im Rechnungswesen
Die an sich nicht unklaren gesetzlichen Bestimmungen haben nicht nur den oben erwähnten Ministerialerlass ausgelöst, sondern auch zahlreiche gelehrte Kommentare, die kasuistische Zweifelsfragen
aufwerfen. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die Frage der Behandlung des BFB im Rechnungswesen.
Praktiker raten, in der Buchhaltung für die BFB-begünstigten Schulungsmaßnahmen ein separates Konto anzulegen und die nicht begünstigten Aufwendungen zu trennen. Analoges gilt für die Belege der
Einnahmen-Ausgaben-Rechner.
Bilanzierenden Unternehmen wird angeboten, den Freibetrag in der Gewinn- und Verlustrechnung bzw. Bilanz als Dotierung bzw. Passivierung einer "unversteuerten Rücklage" zu behandeln, was bei anderen
Fachautoren allerdings Widerspruch auslöst.
Die beste Empfehlung scheint zu sein, den Freibetrag gar nicht erst in das Rechnungswesen aufzunehmen, sondern außerbücherlich, bloß in der Steuererklärung abzusetzen, wo für ihn künftig eine eigene
Zeile vorgesehen sein wird.
Keine "Behaltefrist"
Anders als beim Anlagen-Investitionsfreibetrag ist für den BFB keine "Behaltefrist" vorgesehen, auch kein gesonderter Papierkrieg. Wer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kriegt ihn sofort
und definitiv. Anders als der IBF wirkt er sich in Verlustjahren sofort aus, jedenfalls im Wege des allgemeinen Verlustvortrages. Und wer etwa einen Lehrling im Rahmen eines Forschungsprojekts auf
Schulung schickt, kann den schönen BFB mit dem neuen Lehrlings- und Forschungsfreibetrag zu einem Mega-Steuercoup zusammenmixen.