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Bonzenrettung oder selbstlose Tat

Von Christian Rösner

Politik

Laut Kritikern wollte SPÖ mit Öffnung des Arbeiterstrandbades nur das Funktionärsbad retten, die Stadt argumentiert mit der größten Rückgabe von Grünraum an die Öffentlichkeit seit Jahrzehnten.


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Wien. "Die Stadt hat einige Fakten vorsätzlich falsch dargestellt, um mit möglichst wenig Gegenwehr und medialer Aufmerksamkeit ein mehr als fragliches Projekt sehr rasch durchzuwinken", empört sich Renate Steinmann, Sprecherin der Bürgerinitiative "Rettet das Arbeiterstrandbad" gegenüber der "Wiener Zeitung".

Wie berichtet, soll ein Teil des Arbeiterstrandbades an der Alten Donau frei zugänglich gemacht werden. Das Areal wurde Mitte der 1980er Jahre als öffentliches Bad geschlossen und verpachtet. Nun müssen die Kabinen- und Kabanennutzer ausziehen, weil die Bauten abgerissen werden. Steinmann sieht darin den Verlust eines Kulturguts. Die Stadt argumentiert mit der größten Rückgabe von Grünraum an die Öffentlichkeit seit Jahrzehnten - also quasi von einer selbstlosen Tat zugunsten aller Wiener.

Laut Steinmann sei es falsch, dass es sich lediglich um 200 Kabinenpächter handelt. "Wahr ist, dass derzeit laut Pächter 396 Kabinen belegt sind, die von zwei bis vier Personen je Kabine genutzt werden", so Steinmann. Zusätzlich würden noch neun Kabanen dazukommen, die eine zusätzliche Belegung von vier bis sechs Personen zulassen würden. So schätzt Steinmann, dass 500 bis 600 Personen betroffen sind.

Weiters würden die Verträge gar nicht heuer auslaufen, wie es der Arbeiterschwimmverein (ASV) behauptete, sondern erst 2018. Auch sei die Bezeichnung "Privatbad" nicht korrekt. "Es gab und gibt aktuell Tageskarten und damit ist und war eine öffentliche Nutzung zu jeder Zeit gegeben."

"Von Grund auf unrichtig" sei weiters die Behauptung, dass der ASV für alle Kabinen- und Kabanenpächter Kästchen zur Verfügung stellt. Tatsache sei, dass der SPÖ-nahe Arbeiterschwimmverein (ÖSV) nach Rückgabe des nun zu schleifenden Grundstücks plötzlich eine Pachtverlängerung bis 2028 erhalten habe und 50 kleine Kästchen für mehr als 500 Personen zur Verfügung stellt - allerdings nur im Fall einer Mitgliedschaft, über die individuell vom ASV entschieden werde.

"SPÖ wollte ihrFunktionärsbad retten"

Und der Hinweis, dass es eventuell noch einen Zubau geben werde, konnte auf Anfrage der Pächter vonseiten des ASV nicht garantiert werden, so Steinmann.

Ein weiterer Vorwurf lautet, dass die Schleifung eigentlich das ASV-Funktionärsbad getroffen hätte. Aus dieser Liegenschaft hätte laut Ursprungsplan die Liegewiese gestaltet werden sollen. Nach im Rathaus stattfindender Intervention an hoher Stelle sei dann dieser Plan beiseite gelegt worden und nun der "ursprünglichste Teil des über 110 Jahre alten Bades geopfert worden".

"Entscheidung wurde nicht allein von Wien getroffen"

Ein Zug, auf den sofort die FPÖ aufgesprungen ist und am Freitag die Öffentlichkeit per Aussendung mit dem Titel "SPÖ-Bonzen-Bereich im Arbeiterstrandbad bleibt unangetastet", informiert hat. Im Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima betont man, dass es sich hier sich um die größte Rückgabe von Grünraum an die Öffentlichkeit an der Alten Donau seit Jahrzehnten handle. Abgesehen davon sei die Entscheidung nicht alleine von der Stadt getroffen worden: Die Fläche gehöre der Donauhochwasserschutzkonkurrenz DHK. Die Stadt sei neben Niederösterreich und dem Bund ein Partner von mehreren in diesem Gremium.

"Wien wächst und somit ist es nur logisch, neue Grünräume zu öffnen oder zu schaffen, damit alle etwas davon haben", wird erklärt. Es werde eine naturnahe Wiese mit Altbaumbestand und kleinen Spielgeräten bereitgestellt: eine Freifläche, die das ganze Jahr über genutzt werden könne, "also auch nach der Badesaison, zum Fußballspielen oder Picknicken."

Was die konkreten Kritikpunkte der Bürgerinitiative betrifft, so meint Gerald Loew, Leiter der MA 45 (Wiener Gewässer), dass man sich bei der Anzahl der Kabinen nur auf die Aussagen des ASV verlassen könne. "Wie viele dieser ehemaligen Kabinen tatsächlich vermietet werden konnten, weiß die MA 45 nicht." Abgesehen davon sind Kabinen und Kabanen laut Loew in einem sehr schlechten Bauzustand und daher teilweise nicht vermietbar. "Der Club CD wollte den Vertrag für besagten Teil nicht länger aufrechterhalten. Nun wurde eine neue Lösung gesucht, um zeitgerecht vor dem nächsten Sommer die Fläche für die Allgemeinheit zu öffnen", so der MA-45-Chef.

Und was das Thema Exklusivität betrifft, so sei der Zugang zu dem ehemaligen Arbeiterstrandbad nur über den Club Danube möglich und daher den Bestimmungen und Kosten der Clubregelungen unterworfen. Tageskarten gebe es nicht, sondern nur Gastkarten für Begleitungen der Clubmitglieder.

"Selbst für 1000 neue Mitglieder wäre Platz"

Außerdem sei mehr als genug Platz vorhanden, um neue Mitglieder im ASV aufzunehmen. Die zur Verfügung stehende Fläche sei 18.700 Quadratmeter groß - das entspreche 26 Einfamilienhäusern mit je 700 Quadratmetern. "Die derzeitige Mitgliederzahl des ASV ist 200. Selbst bei einer Mitgliederzahl von 1000 Personen bleibt im Vergleich zu anderen Bereichen der Alten Donau die Exklusivität mit entsprechendem Platz für jedes Mitglied erhalten", betont Loew. Außerdem habe die Obfrau zugesichert, dass Kästchen für zusätzliche Mitglieder bis zur nächsten Badesaison errichtet werden sollen - mit genügend Platz für das Verstauen von Liegebetten, wird versichert.

Auf die politischen Angriffe der FPÖ wollte man vonseiten Stadt erst gar nicht eingehen.