Ex-Premier hat Westminster laut Bericht bewusst in die Irre geführt.
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Vernichtender hätte das Urteil über Boris Johnson nicht ausfallen können. Der frühere Premierminister habe das britische Parlament mehrfach bewusst irregeführt und es als Institution total verachtet, befanden die sieben Abgeordneten des zuständigen Unterhaus-Ausschusses, der mit der Prüfung dieser Frage vom Hohen Haus beauftragt worden war.
In ihrem am Donnerstag veröffentlichten Bericht bestätigten die Mitglieder des Ausschusses für parlamentarische Rechte und Pflichten, was alle Welt lange schon vermutet hatte. Nämlich dass Johnson genau wusste, dass verbotene Lockdown-Parties in der Regierungszentrale stattgefunden hatten, als er das im Unterhaus wieder und wieder bestritt. Fazit des Berichts war, dass Johnson den Parlamentariern schlicht kecke Lügen aufgetischt hatte. Und dass es auch nicht stimmte, was er im House of Commons gleichfalls hartnäckig behauptete - nämlich, dass ihm seine Top-Beamten immer versichert hätten, er habe sich brav an alle Vorschriften gehalten.
Davon, erklärte der Ausschuss, könne keine Rede sein. Der 106 Seiten lange Bericht ließ keinen Zweifel daran, für wie gravierend seine Autoren das Lügengespinst hielten, mit dem Johnson das Parlament ihrer Ansicht nach umgarnt hatte, statt die Wahrheit zu sagen "in einer so ernsten Situation" wie der Covid-Pandemie.
Vollkommene "Missachtung des Parlaments" warfen ihm die sieben über ihn zu Gericht sitzenden Parlamentarier vor, von denen vier immerhin seiner eigenen Partei angehören. Johnson habe auch den Ausschuss selbst zu täuschen gesucht. Er habe mit üblen Attacken die Legitimität des Parlaments in Frage gestellt und sich an einer Kampagne zur Einschüchterung von Ausschuss-Mitgliedern beteiligt. Das sei "ein Angriff auf unsere demokratischen Institutionen", befand das Gremium scharf. Wäre Boris Johnson zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts noch Abgeordneter gewesen, hätte der Ausschuss dem Unterhaus empfohlen, ihn zur Strafe für die Rekord-Dauer von 90 Sitzungstagen zu suspendieren - was eine Nachwahl in seinem Wahlkreis Uxbridge erforderlich gemacht hätte.
Aber natürlich war Boris Johnson an diesem Tag schon nicht mehr Mitglied des Unterhauses. Als ihm der Ausschuss den Bericht vorab zur Stellungnahme vorlegte, beschloss er, gar nicht erst auf dessen Veröffentlichung und auf eine Abstimmungskraftprobe im Unterhaus oder in seinem Wahlkreis zu warten.
Hausverbot für Ex-Premier
Stattdessen zog er vorige Woche am Freitagabend in kalter Wut über den Ausschuss her, in dem er nichts sah als einen "kangoroo court", ein Scheingericht, eine üble Verschwörung. Die reinste "Hexenjagd" habe man veranstaltet, polterte er, "nur um mich aus dem Parlament zu treiben". Prompt gab Johnson, bevor es ihm genommen werden konnte, sein Abgeordnetenmandat zurück. So wird nun, wenn das Parlament am kommenden Montag über den Ausschussbericht abstimmt, Suspendierung keine Rolle mehr spielen. Schließlich hat der Ex-Premier seinen Unterhaussitz bereits geräumt.
Als Verschärfung der ursprünglichen Strafe ist allerdings geplant, Johnson nun auch den Parlamentspass zu verweigern, über den ehemalige Abgeordnete normalerweise verfügen und der ihnen freien Zugang zu ihrer alten "Arbeitsstätte" gewährt. Boris Johnson soll in Westminster Hausverbot erhalten. Mit ihren "grotesken" Schlussfolgerungen und ihren "verrückten" Strafen, meinte dazu Johnson, holten seine Gegner jetzt offenbar "zu einem letzten Dolchstoß bei ihrem politischen Mordanschlag" aus. Noch sehr viel härter treffen würde den früheren Premierminister freilich eine Maßnahme, die eine Großzahl von Tories inzwischen ihrem Partei- und Regierungschef abverlangen. Rishi Sunak soll dafür sorgen, dass Boris Johnson - sein früherer Boss - sich nirgendwo im Land mehr als konservativer Kandidat um eine Wiederwahl bewerben kann. Immerhin hatte Johnson selbst bei seiner Tirade vom vorigen Freitag gesagt, er ziehe sich nur "vorläufig" aus der Frontlinie der Politik zurück. Dem "Daily Express" vertraute er an: "Ich komme wieder."
Das wollen die meisten seiner Ex-Kollegen unbedingt verhindern. Johnson solle endlich "die Schnauze halten und verschwinden", erklärte der Tory-Abgeordnete Tim Loughton, ein ehemaliges Regierungsmitglied und ein Brexit-Hardliner. Energieminister Grant Shapps bediente sich einer etwas feineren Sprache. Die Welt, sagte er, habe sich "weiter bewegt" seit der Johnson-Ära. Johnson finde in Zukunft sicher "jede Menge anderes" zu tun.