Trotz sinkender Verkaufszahlen Aktie auf Höhenflug. | Paris. Die Börse glaubt an Carlos Ghosn. Seit der Brasilianer im April 2005 die Führung von Renault übernommen hat, ist der Kurs des Autobauers um über 75 Prozent gestiegen. War die Renault-Aktie zu seinem Amtsantritt für 65 Euro zu haben, so stieg sie in der vergangenen Woche auf einen historischen Höchststand von 113 Euro. Allein seit April hat sie damit um ein Viertel zugelegt. Damit ist der französische Autobauer mit 32 Milliarden Euro bewertet und schlägt damit erstmals BMW.
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Das Paradoxon: Unter Ghosn ist die Zahl der verkauften Autos gesunken. Allein im Mai sind die Verkaufszahlen um 10 Prozent geschrumpft, im April sogar um 14 Prozent. Im vergangenen November waren sie sogar um ein Drittel gefallen. Doch die Börse lässt sich davon nicht irritieren. Sie glaubt an die Strategie, die Ghosn im Frühjahr in seinem "Contrat Renault 2009" vorgelegt hat: höhere Rentabilität statt Verkäufe um jeden Preis. "Wir wollen Verkäufe auf Verlust vermeiden und suchen stattdessen rentable Verkäufe und Gewinn", sagt ein Sprecher des Unternehmens in Boulogne-Billancourt bei Paris.
Gewinnmarge erhöhen
Der "Contrat 2009" - Vertrag 2009 - sieht eine Ausweitung der Gewinnmarge vor. Im vergangenen Jahr betrug sie magere 2,6 Prozent. In diesem Jahr soll sie auf 3 Prozent und bis 2009 auf 6 Prozent steigen. Nicht alle Analysten halten das für machbar. Aber einstweilen "kauft" die Börse das Versprechen. Ghosn versichert, dass die harten Zeiten vorüber sind. "Unsere Verkäufe werden von September an kontinuierlich zunehmen", sagte er in der vergangenen Woche gegenüber dem "Parisien".
Er stützt sich dabei auf 26 neue Modelle, die bis 2009 auf den Markt kommen sollen, fast ein neues Modell pro Monat. Den Anfang macht am Freitag der Twingo II. Seine erste Version hatte vor einem Jahrzehnt sowohl in Frankreich als auch anderswo in Europa eingeschlagen. Allein in Deutschland ist er eine halbe Million mal verkauft worden. Noch größere Hoffnungen setzt Ghosn auf den Laguna III, der anlässlich der Frankfurter Automobilmesse im September lanciert werden soll. Mit diesem Laguna der dritten Generation wolle Renault in die Kategorie der hochpreisigen Autos zurückkehren, erklärte Renaults Programmchef Patrice Ratti.
Renault und Ghosn gehen allerdings ein großes Risiko ein: Wenn die Verkäufe der neuen Modelle enttäuschen, dann gehen die Kurse an der Börse wohl ebenso schnell zurück, wie sie gestiegen sind.