Kaufvertrag wird in Kürze besiegelt. | Preis von rund 15 Mio. Euro für sämtliche Anteile. | Wien. Beim Verkauf der defizitären Klaviermanufaktur Bösendorfer sind die Würfel nach längerem Hin und Her nun doch gefallen. Die Bawag wird das Wiener Kulturjuwel an Yamaha verkaufen. Am Donnerstag wurde der japanische Klavierriese zum bevorzugten Bieter erklärt.
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Der neue Eigentümer für Bösendorfer ist damit fixiert. Die Endverhandlungen - in denen es mehr oder weniger nur noch um Punkte und Beistriche im Vertrag geht - will die Bawag nun zügig abschließen. Verkauft werden 100 Prozent der Anteile. Yamaha legt dafür dem Vernehmen nach um die 15 Mio. Euro auf den Tisch.
Der japanische Großkonzern, der an der Börse Tokio notiert und über eine prall gefüllte Kriegskasse verfügt, war schon seit Monaten als heißester Favorit im Bieterrennen um Bösendorfer gehandelt worden. Dass sich Yamaha im Finale gegen das weniger finanzkräftige Konsortium des Wiener Klavierhauses Brodmann durchgesetzt hat, ist daher nicht unbedingt überraschend.
Noch vor zwei Tagen hatten Branchenkenner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärt: "Wenn es darauf ankommt, sitzen die Japaner finanziell auf einem längeren Ast. Sie können beim Preis jederzeit nachlegen." Die Brodmann-Gruppe soll für Bösendorfer nur rund elf Mio. Euro geboten haben.
Garantien für Standort
Mit Bösendorfer greift sich Yamaha ein weltberühmtes Luxuslabel, das in der Kultur Wiens und Österreichs besonders stark verwurzelt ist. Laut Bawag hat das japanische Unternehmen - es produziert nicht nur Klaviere und andere Musikinstrumente, sondern auch HifiGeräte und Motorräder - Garantien zugesichert, wonach der Firmensitz und die Produktion in Österreich bleiben. Gerade das hatten die rund 180 Bösendorfer-Mitarbeiter während des Verkaufs immer wieder vehement eingefordert. "Echt ist ein Bösendorfer nur dann, wenn er in Österreich hergestellt wird", hatte es seitens des Betriebsrats nachdrücklich geheißen.
Dass mit Bösendorfer ein großes Kulturgut übernommen wird, scheint den Japanern bewusst zu sein. Sonst hätten sie keine Standortgarantien abgegeben.
Yamaha selbst - die Geschichte des Unternehmens reicht zurück bis ins Jahr 1887 (da baute Firmengründer Torakusu Yamaha sein erstes Harmonium) - ist am Klaviermarkt im Vergleich zu Bösendorfer ein Gigant. Während Bösendorfer jährlich nur rund 300 Klaviere produziert und etwa 14 Mio. Euro umsetzt, sind es bei Yamaha rund 75.000 Stück und umgerechnet 2,1 Mrd. Euro (in der Klaviersparte). Im Yamaha-Konzern arbeiten fast 26.000 Menschen.
Riesiges Verkaufsnetz
Was Bösendorfer zuletzt besonders gefehlt hat, war ein starker Vertriebsarm. Den bekommt die Traditionsfirma in Zukunft von Yamaha - und damit dürfte es auch bald vorbei sein mit den roten Zahlen, in die Bösendorfer in der fast sechsjährigen Bawag-Ära wegen einer dramatischen Absatzkrise gerutscht ist. Spannend wird auch, welche Strategien Yamaha mit Bösendorfer künftig fährt, um Steinway, den US-Erzrivalen, im Premium-Segment anzugreifen.
Mit dem Totalverkauf von Bösendorfer zieht die Bawag einen Schlussstrich unter ein verlustreiches Engagement.
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