Rechtspopulistischer Politiker bestreitet Verwicklung in Finanzaffäre.
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Rom. Der am 5. April wegen eines Skandals um die Veruntreuung von Parteigeldern zurückgetretene Chef der rechtspopulistischen Lega Nord, Umberto Bossi, will wieder zurück an die Parteispitze. Auf einem von der italienischen Presse als Kirtag bezeichneten Lega Unita Day in der Ortschaft Zanica (Provinz Bergamo) kündigte Bossi, der die Partei in den Achtzigerjahren gegründet hat und 1987 in den Senat einzog, an, dass er bei dem am 29. und 30. Juni geplanten Parteikongress wieder für das Amt des Parteichefs kandidieren werde. Sein Wiederantreten werde dem Zusammenhalt der Partei dienen.
Der 70-jährige Bossi, der seit einem Herzinfarkt und darauffolgendem Schlaganfall im März 2004 gesundheitlich schwer gezeichnet ist, bestritt seine Verwicklung in den Skandal um illegale Parteienfinanzierung, nach dessen Auffliegen er den Parteivorsitz zurückgelegt hatte. Die Mailänder Staatsanwaltschaft hatte ermittelt, dass der frühere Schatzmeister der Partei, Francesco Belsito, und Bossi Gelder aus den Parteikassen entwendet hätten. Mehr als 200.000 Euro seien an die beiden Söhne Bossis, Renzo und Riccardo, geflossen und zwischen 200.000 und 300.000 Euro an die Lega-Gewerkschaft SinPa. Das Geld habe aus der Wahlkampfkostenrückerstattung gestammt.
Bossi hatte stets behauptet, von den Geldern, die seine Angehörigen erhalten haben, nicht informiert gewesen zu sein. Jetzt meint er, dass niemand Geld gestohlen habe, es seien lediglich Fehler gemacht worden.
Erst am Wochenende ist aber ein weiterer Lega-Politiker, der Senator Piergiorgio Stiffoni, der seit Jahren durch fremdenfeindliche und homophobe Aussagen für Skandale gesorgt hatte, wegen verdächtiger Finanzmanipulationen mit Geldern auf einem Konto für die Spesen der Senatsfraktion der Lega Nord aus der Partei ausgeschlossen worden.
Stiffoni war seit 2001 administrativer Sekretär der Lega-Fraktion im Senat und hatte gemeinsam mit dem früheren Justizminister Roberto Castelli seit 2010 dem Administrativkomitee angehört, das dem Schatzmeister Francesco Belsito zur Seite stand. Zwischen 2010 und 2011 soll er nach Ansicht der Untersuchungsbehörden 3 bis 4 Millionen Euro verwaltet haben. Im Rahmen einer Einvernahme, bei der es um die Verwendung der Gelder ging, hatte sich Stiffoni in Widersprüche verwickelt. Da es sich bei den Geldern um öffentliche Mittel handelt, überlegen die Untersuchungsbehörden eine Anklage wegen Amtsmissbrauch.
Lega befürchtet einen Denkzettel bei Wahlen
Ex-Innenminister Roberto Maroni, Gegenspieler Bossis im Kampf um die Parteiführung, befürchtet, dass die Finanzaffären um Belsito und seine Umgebung sich negativ für die Lega Nord bei den Kommunalwahlen am kommenden Wochenende auswirken werden.
Umberto Bossi wurde jedenfalls bei seinen Auftritten in den letzten Tagen mehrmals von Gegnern scharf angegriffen. Als ihn ein Mann in Parma als "Berlusconi" beschimpfte, erwiderte Bossi in der ihm eigenen aggressiven Art. "Lass Berlusconi in Ruhe - er ist dumm wie du."
Bossi hat seinem früheren Verbündeten Berlusconi nie verziehen, dass dessen Partei die Expertenregierung von Mario Monti parlamentarisch unterstützt. Bossis Lega Nord hat von Anfang an an entschiedene Opposition gegen das Kabinett Monti angekündigt. In den letzten Tagen veranstaltete die Lega Nord eine breite Kampagne gegen die Steuer auf Eigenheime, die sie selbst erst durch ihr jahrelanges entschiedenes Eintreten für eine föderalistische Steuerreform möglich gemacht hatte. Maroni sieht in der Kampagne aber keine Aufforderung zu einer Steuerrevolte, sondern die wichtigste politische Initiative der letzten Monate. Entsprechend wurden die Lega-Bürgermeister bei ihrem Parteitreffen am 1. Mai in Zanica instruiert.
Zuvor hatte Premierminister Mario Monti gesagt, es sei unverantwortlich, zum Nichtzahlen der Steuern aufzurufen. "Ist es vielleicht verboten, zu protestieren? Sind wir im Faschismus?", kommentierte Maroni die Worte des Regierungschefs. In ihrem Kampf gegen die Steuern sieht sich die Lega, die in den letzten Wochen interne Machtproben austrug, wieder geeint.