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Botschafter für ein modernes Judentum

Von Heike Hausensteiner

Politik
Mehr als ein Relaunch.

"wina" ist die neue Zeitschrift der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG).


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Wien. "wina - Das jüdische Stadtmagazin" nennt sich die neue Monatszeitschrift der IKG Wien, das zum jüdischen Neujahr Anfang Oktober erstmals erschienen ist. "wina" löst die Zeitung "Die Gemeinde" ab, die fast 60 Jahre alt wurde. Der neue Name suggeriert denn auch, dass es sich nicht bloß um einen Relaunch handelt: Tatsächlich hat die Kultusgemeinde eine eigene Mediengesellschaft gegründet, die Jüdische Medien- und Verlags-GmbH, die nun "wina" herausgibt. Das soll eine inhaltlich unabhängige Magazinproduktion ermöglichen.

",wina steht für ein modernes, frisches und offenes Judentum", erläutert Chefredakteurin Julia Kaldori. "Wir sehen uns als Botschafter, um zu zeigen, dass es ein neues Judentum gibt. Und wir wollen eine Plattform für Diskussionen sein." Man werde mit der Kultusgemeinde gerne zusammenarbeiten - "wenn es thematisch passt, aber auf Zuruf sicher nicht", sagt Kaldori, die davor unter anderem für die Verlage Mandelbaum und Edition Atelier gearbeitet hat.

Im nächsten Jahr findet etwa die Neuwahl in der IKG Wien statt. Doch es gebe keine vorgegebenen Themen, betont Kaldori. Das zweite Medienstandbein der Kultusgemeinde, den "Insider", der unter anderem Mitgliederinformationen sowie Gebetszeiten abdruckt, wird es ohnehin weiter geben.

Thematisch ist "wina" in die drei Ressorts Politik, das Urbane ("Stadt.Mensch.Lebensart") und Kultur unterteilt. Die Berichterstattung soll sich aber über Wien hinaus auf den gesamten mitteleuropäischen Raum erstrecken. Highlights der ersten Ausgabe sind eine Reportage über das Karmeliterviertel in der Leopoldstadt sowie ein Schwerpunkt zum Sozialaufstand in Israel.

Die Herkunftsgeschichten über Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft in der "(End-)Station Wien" genannten Reihe sollen künftig zu den Standards der Zeitschrift zählen und haben das Potenzial, eine besondere Perle von "wina" zu werden. Die Textsorten wechseln zwischen Interview, Reportage, Bericht, Porträt und Kolumne. Zu den Schreibern zählen "Die Zeit"-Korrespondentin Gisela Dachs sowie die Autorin Alexia Weiss, die auch für die "Wiener Zeitung" schreibt. "Verantwortung statt Klientelpolitik" heißt ein Kommentar zur Nahostkrise von "Wiener Zeitung"-Chefredakteur Reinhard Göweil.

"wina" möchte große Themen wie etwa die Bildungsdebatte auf den jüdischen Alltag herunterbrechen und umgekehrt. Dazu soll auch verstärkt die Bildersprache eingesetzt und so der eher textlastige Charakter der alten "Gemeinde" abgestreift werden. Eines der medialen Vorbilder, sagt die nunmehr geschäftsführende Chefredakteurin, sei das US-amerikanische Magazin "Moment", das 1975 von Elie Wiesel und Leonard Fein gegründet wurde.

Das neue Magazin der IKG ist nicht nur thematisch unabhängiger als die Vorgängerin, sondern muss das auch in wirtschaftlicher Hinsicht sein. Die Auflage wurde von 5500 auf 7000 Exemplare erhöht, der Verkaufspreis liegt bei 4,90 Euro pro Ausgabe (das Inlandsabo kostet 49 Euro). Der Vertrieb wurde auf den gesamten deutschen Sprachraum erweitert. Am neuen Internetauftritt - er soll interaktiver werden und Leser stärker in Diskussionen einbeziehen - wird noch gefeilt.

Bleibt abzuwarten, ob "wina" das wirtschaftliche Ziel, sich selbst zu erhalten, erreichen wird. Inhaltlich und optisch halten viele den Neustart von Wiens einzigem jüdischen Monatsmagazin für gelungen, wenn auch nicht alle. Ob sich auch orthodoxe Juden darin wiederfinden werden, ist zurzeit noch ungewiss.