Wie drei Landeshauptstädte - im Buhlen um die Gunst der Medien - das Betteln eindämmen wollen.
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Linz/Salzburg. Während die Erregungskurve rund um das Thema Betteln in Wien derzeit etwas abflacht, tagt in Salzburg, Innsbruck und Linz ein runder Tisch nach dem anderen. Die Städte wollen eine Frage lösen, die sie allesamt als Problem identifiziert haben: die Bettelei in den Innenstädten.
Die hat in den vergangenen Jahren zugenommen, nachdem die Länder auf Geheiß des Verfassungsgerichtshofs mehrere Bettelverbote zurücknehmen mussten. In den drei betroffenen Ländern sind aggressives und organisiertes Betteln weiterhin verboten, in Tirol ist wie in Wien, Niederösterreich und Kärnten zusätzlich auch das gewerbsmäßige Betteln verboten. Mit den derzeitigen Regelungen sind die drei Landeshauptstädte aber nicht zufrieden, sie suchen nach neuen Lösungen, den Zuzug von Bettlern, die aus der Slowakei, Ungarn, Rumänien oder Bulgarien zum Betteln nach Österreich kommen, zu beschränken. Wirklich koordiniert ist das Vorgehen nicht, bei den Diskussionsbeiträgen wird nur vereinzelt auf die anderen betroffenen Städte verwiesen.
Dabei herrscht in den einzelnen Städten Uneinigkeit, wie die zugezogenen Bettler zu benennen sind. Die einen sprechen ausnahmslos von einer "Bettlermafia", andere sehen lediglich Organisationsstrukturen in herkömmlichen Familienverbänden.
In Wien befinden sich aktuell drei Verdächtige wegen Menschenhandels in der Bettlerszene in Untersuchungshaft. Derartige Fälle gibt es in den Bundesländern nicht. Doch auch in Linz, Salzburg oder Innsbruck wird regelmäßig der Verdacht geäußert, dass es in der Bettlerszene Menschenhandel gibt.
Die Diskussionsbeiträge kommen unabhängig vom Ort fast immer von den gleichen Seiten. Auf der einen Seite stehen die FPÖ und die "Kronen Zeitung", die stärkere Verbote und ein schärferes Vorgehen fordern. Auf der anderen Seite stehen meist die Grünen und zivilgesellschaftliche Gruppen, die für Verständnis und Sozialeinrichtungen für Bettler werben. Und dazwischen stehen die in den Ländern und Städten regierenden Parteien SPÖ und ÖVP, die im Zweifelsfall auf gesetzliche Verschärfung setzen.
Gerade in der oberösterreichischen Diskussion, die sich hauptsächlich um Linz und dort um die zentrale Landstraße dreht, ist der Einfluss der "Kronen Zeitung" augenscheinlich. Eine einwöchige Kampagne, in der das Blatt die Bettler täglich auf die Titelseite brachte (siehe Bild), gipfelte Ende Mai in der Forderung: "Macht Schluss mit Bettler-Schande!"
Linz: weniger Anzeigen, schärferes Gesetz
Tags darauf konnte die "Krone" stolz verkünden, dass Landeshauptmann Josef Pühringer auf ihre Forderung eingegangen sei. "Runder Tisch zum Bettler-Unwesen", war diesmal die Schlagzeile. Der versprochene runde Tisch fand schließlich vergangene Woche statt. Allerdings hatte an diesem Tisch neben Politikern nur die Polizei aber keine Sozialeinrichtungen Platz, wie die "Bettellobby Oberösterreich" kritisierte. Das Ergebnis stand schon vor dem Treffen statt, Oberösterreich reagiert mit einer gesetzlichen Verschärfung auf die jüngste Aufregung. Noch vor dem Sommer, Anfang Juli, soll neben aggressivem und organisiertem auch gewerbsmäßiges Betteln unter Strafe gestellt werden. Wie die Gewerbsmäßigkeit genau definiert und festgestellt werden soll, muss erst verhandelt werden. "Es soll keine Bettelei geben, an der Dritte verdienen", sagte Pühringer.
Die derzeitige Rechtslage sei "nicht ausreichend, um wirksam gegen unerwünschte Formen der Bettelei vorzugehen", sagte Landeshauptmann-Stellvertreter Reinhold Entholzer von der SPÖ. Dabei ist die Zahl der Anzeigen wegen Bettelei im vergangenen halben Jahr laut Landespolizeidirektor Andreas Pilsl in Linz zurückgegangen.
Salzburg: schärferes Gesetz, aber auch mehr Betreuung
Doch nicht jeder runde Tisch gleicht dem anderen. Beim Salzburger Treffen waren an der von Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ) initiierten Diskussion auch Sozialeinrichtungen und Wissenschaftler beteiligt. "Wir reden seit Jahren erstmals miteinander", resümierte Hagenauer damals. Auch in Salzburg hatte die "Kronen Zeitung" heftig gegen die Bettler agitiert, Pauschalverurteilungen brachten dem Blatt mehrere Rügen des Presserats ein.
Politisch lässt sich durch das Thema Bettler allerdings nichts gewinnen, das zeigt zumindest die Salzburger Gemeinderatswahl. Die ÖVP setzte im Wahlkampf mit scharfem Ton auf dieses Thema und verlor ein Drittel ihrer Wähler. Allerdings verlor, wenn auch nicht so stark wie die ÖVP, auch die grüne Bürgerliste, die bessere soziale Betreuung für die Bettler forderte. Die Neos, der klare Wahlsieger, ignorieren das Thema weitgehend. Von April 2013 bis Mai 2014 gab es in Salzburg bei rund 4000 Polizeikontrollen etwas mehr als 300 Anzeigen, in den überwiegenden Fällen wegen organisierter Bettelei.
Mittlerweile erarbeiten in Salzburg zwei Arbeitsgruppen
Lösungsvorschläge, eine kümmert sich um ordnungspolitische Fragen, die andere um soziale. Ein Verbot des gewerbsmäßigen Bettelns steht auch in Salzburg im Raum, ebenso könnte es räumlich begrenzte Verbotszonen geben oder Bettlerlizenzen eingeführt werden, die bedürftigen Personen das Betteln erlauben. Als soziale Maßnahmen stehen eine Notschlafstelle für Bettler, niederschwellige Sozialarbeit und medizinische Basisversorgung zur Diskussion. Bis Ende Juni sollen die Arbeitsgruppen zu Ergebnissen kommen.
Innsbruck: Anmeldesystem wird überlegt
Den gleichen Zeithorizont hat die Stadt Innsbruck bei einem runden Tisch für eine Prüfung der Bettelei veranschlagt. In welche Richtung die Maßnahmen gehen sollen, ist für Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer von der ÖVP-Abspaltung "Für Innsbruck" aber schon klar. Ihr ist das aktuelle Bettelverbot "zu schwammig", Oppitz-Plörer lässt ähnlich zu den in Salzburg angedachten Bettlerlizenzen ein Anmeldesystem für Bettler prüfen. Die Maßnahmen sind verschieden, das Ziel aber bei jedem runden Tisch dasselbe: Es sollen weniger Bettler in die Städte kommen.
Wissen
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat bereits mehrmals Bettelverbote der Bundesländer aufgehoben.
In Oberösterreich und Salzburg ist nun aufdringliches und organisiertes Betteln verboten.
In Tirol ist zusätzlich gewerbsmäßiges Betteln untersagt.
In Wien ist Betteln ebenfalls in bestimmten Formen verboten, etwa aufdringliches, gewerbsmäßiges oder aggressives Betteln. Gleiches gilt für Kärnten.
In Niederösterreich stehen gewerbsmäßiges Betteln, Betteln von Tür zu Tür und Betteln mit Minderjährigen unter Strafe. Aufdringliches Betteln und Betteln mit Minderjährigen ist auch in der Steiermark verboten. Ein generelles Verbot hatte der VfGH dort Anfang 2013 aufgehoben.
In Vorarlberg sind seit Oktober 2013 nur noch bestimmte Formen des Bettelns verboten.