Zum Hauptinhalt springen

Brachialföderalismus bei den Lehrerposten

Von Hans Pechar

Gastkommentare

Wir sind, so scheint es, nochmals mit dem Schrecken davongekommen: Nach dem "Machtwort" des Kanzlers, der die Diskussion darüber, ob Bund oder Länder Dienstgeber der Lehrer sein sollten, für "beendet" erklärt hat, dürfte alles beim Alten bleiben. Aber der Schrecken sitzt noch in allen Knochen. Schon der Umstand, dass monatelang über eine Position diskutiert wurde, die man noch vor kurzem als seichten Scherz à la Villacher Fasching betrachtet hätte, verweist auf den Ernst der Lage.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Dass es so weit kommen konnte, ist auch der Perspektivelosigkeit der Bundesregierung und ihres Kanzlers zuzuschreiben. Wäre Werner Faymann den rüpelhaften Attacken Erwin Prölls auf die Bildungsministerin von Anfang an entschlossen entgegengetreten, hätte der Brachialföderalismus nicht über viele Wochen die Bildungspolitik dominieren können.

Der Erhalt des Status quo, der nun wie ein Sieg der Vernunft erscheint, ist schlimm genug. Wann, wenn nicht in der schwersten Budgetkrise seit langem, wäre es an der Zeit gewesen, die kostspieligen Mehrgleisigkeiten in der Schulverwaltung zu beseitigen? Unter Experten gibt es Einigkeit, dass Personalhoheit und Finanzierungsverpflichtung in eine Hand gehören und dass diese Hand in einem Zwergstaat von der Dimension Österreichs nur der Bund sein kann. Sämtliche Medien und Interessenorganisationen haben sich dieser Position angeschlossen, alle Elternorganisationen und eine erdrückende Mehrheit der Bevölkerung wollen die Bundeskompetenz stärken.

Das kann doch den niederösterreichischen Landeshauptmann nicht erschüttern! Jede Schulreform steht still, wenn der Erwin Pröll es will. Die totale Verländerung der Schule würde die Bildungspolitik des Bundes zu einem zahnlosen Papiertiger machen, dessen Gesetze die Landesfürsten nach eigenem Gutdünken interpretieren könnten. Das ist es, was Pröll will: Vetomacht gegen jede Schulreform sowie politische Gängelung auch der Lehrer an höheren Schulen.

Das Schlagwort, mit dem einige Landeshauptleute für ihren Zugriff auf die Lehrer werben, lautet: Bürgernähe. Ein im Internet unter "Das wahre Gesicht des Erwin Pröll" abrufbares Video vermittelt einen lebhaften Eindruck davon, was sich Lehrer von dieser Nähe erwarten dürfen. Das Dokument zeigt einen Festgottesdienst, bei dem ein niederösterreichischer Pfarrer im Stil der Bergpredigt auf die Nöte der Armen eingeht und deren materielle Lage mit der eines Landeshauptmanns vergleicht. In einer Demokratie ist das eine nicht besonders originelle, aber keinesfalls skandalöse Aussage - im Reich von Erwin Pröll aber eine Majestätsbeleidigung. Was dieser Pfarrer anschließend an Beschimpfungen und Bedrohungen seitens des anwesenden Landeshauptmanns erlebte, sollten sich alle ansehen, die in der Frage der Lehrerkompetenzen noch unentschieden sind.

Hans Pechar leitet die Abteilung für Hochschulforschung an der Universität Klagenfurt.