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Brandgefährliches Leichtgewicht

Von Veronika Eschbacher

Wirtschaft

US-Flugzeugbauer muss Sicherheit der Batterien des Jumbos nachweisen.


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Seattle/Toulouse. Nach der Pannenserie beim "Dreamliner" von Boeing müssen die Maschinen des US-Herstellers nun weltweit vorerst am Boden bleiben. Die US-Luftfahrtbehörde FAA hat in einer seltenen Entscheidung ein Startverbot für den Flugzeugtyp verhängt. Bevor die Flüge wieder aufgenommen werden könnten, müsse nachgewiesen werden, dass die Batterien sicher seien, meinte die FAA. Wie berichtet, musste ein Dreamliner am Mittwoch zum zweiten Mal wegen Problemen mit der Batterie notlanden.

Die Entwicklung des aus Leichtmaterial gebauten Dreamliners war als Meilenstein in der Luftfahrt gefeiert worden. 20 Prozent weniger Kerosin als vergleichbare Flugzeuge sollte der Dreamliner verbrauchen - dies vor allem dadurch, dass konstruktionstechnisches Neuland betreten wurde, um Gewicht zu sparen.

So etwa wurden eine Reihe von Steuerungssystemen, die bisher hydraulisch angetrieben wurden, auf Strom umgestellt, erklärt der Lektor für flugtechnische Gegenstände, Fritz Pachowsky von der Technischen Universität Wien, gegenüber der "Wiener Zeitung". Der höhere Stromverbrauch wird durch 30 Kilo schwere Lithium-Ionen-Batterien gedeckt, deren Kapazität wesentlich größer ist als die der wenig feuergefährlichen, aber schweren Nickel-Cadmium-Batterien, die sonst in Flugzeugen verbaut sind.

Lithium-Ionen-Akkus werden auch in Handys oder Elektroautos eingebaut. "Im Kleinen beherrscht man die Technik, aber hier sind die Batterien eine Nummer größer", meint Pachowsky. Zusätzlich würden die Batterien fast gänzlich ent- und aufgeladen werden, "damit kann man noch mal an Gewicht sparen." Bei zwei Vorfällen mit den Dreamlinern gerieten genau diese Batterien in Brand. Denn Lithium, wenn an der Luft, beginnt von selbst zu brennen. Eine kleine Beschädigung der Hülle, die die Zellen hermetisch abschließt, reicht aus, um sie zu entflammen.

Komplexität der Jumbos

Auch der Hoffnungsträger von Airbus, der Super-Jumbo A380, litt anfangs an Problemen. Grundsätzlich würden natürlich alle Flieger nach den gleichen Gesetzen fliegen, aber "Großflugzeuge sind komplexer", sagt Pachowsky, denn die großen hätten mehr und kompliziertere Subsysteme.

Gleichzeitig würde aber die Anzahl der Kontrollfunktionen in Flugzeugen immer mehr und vor allem bei Jumbos immer genauer. Diese könnten nun Fehler bereits während des Flugs feststellen, die man früher oft erst nach der Landung oder der nächsten Inspektion gesehen hätte. Die Airlines würden heutzutage wohl kein Risiko eingehen und den Flug gleich abbrechen.

Dass beim Dreamliner die US-Zulassungsbehörde versagt hat, will Pachowsky nicht gelten lassen. Neuzulassungen seien immer eine gewisse Gratwanderung. Dazu kommt, dass je mehr die Elektronik die Kontrolle über das Flugzeug habe, desto mehr Fehlermöglichkeiten könne man testen. "Ein Beispiel: Wenn man sämtliche Computer, die der schwedische Flugzeugbauer Saab zur Verfügung hat, nur zum Austesten aller möglichen Kombinationen von Messwerten eines Militärfliegers durchspielen lässt, dann ist das ein Projekt von etwa 200 Jahren". Das heißt, "irgendwelche kleinen Würmer können immer drin sein", sagt Pachowsky.

Der Experte glaubt nicht daran, dass Boeing seinen Dreamliner nun abschreiben muss. Es seien aber Feinjustierungen nötig, die eine gewisse Zeit beanspruchen. "Wer zu viele Schritte auf einmal macht, der kann leicht stolpern", meint Pachowsky. Boeing hätte sich wohl ein wenig zu ehrgeizig aus dem Fenster gelehnt, als man wegen der Airbus-Konkurrenz nervös wurde, analysiert der Experte. Vielleicht hätte man auch ein bisschen zu sehr an das eigene Konzept geglaubt.

Keine Häme bei Airbus

Beim Marktanteil konnte der US-Flugzeugbauer Boeing 2012 seinen Rivalen Airbus erstmals seit neun Jahren überholen. Airbus hatte im vergangenen Jahr 588 Maschinen ausgeliefert, wie aus seinem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht hervorgeht - bei Boeing waren es 601. Damit fiel der Marktanteil des europäischen Flugzeugherstellers von 64 im Jahr 2011 auf 41 Prozent.

Trotzdem war es für Airbus ein Erfolgsjahr -noch nie wurden so viele Maschinen an so viele Kunden (darunter 17 Neukunden) ausgeliefert. Mit Blick auf das Flugverbot für die Konkurrenz hielt sich die Airbus-Spitze am Donnerstag auffällig zurück. "Ich würde nicht auf die Probleme der Konkurrenz wetten, um den eigenen Erfolg zu sichern", sagte Bregier.

Enttäuschend entwickelte sich im abgelaufenen Jahr die Nachfrage nach dem Super-Jumbo von Airbus, dem A380: 2012 wurden nur neun Maschinen verkauft - Airbus hatte auf 30 Bestellungen gehofft.

Für das laufende Jahr zeigte sich Airbus optimistisch: Der Flugzeugbauer rechnet mit Bestellungen von 700 Passagiermaschinen und 30 Militärflugzeugen. Bregier kündigte rund 3000 Neueinstellungen an, nachdem 2012 bereits 5000 neue Jobs geschaffen wurden.