Iran will Gasprojekt mit Pakistan und Indien fixieren. | Spannungen Delhi - Washington. | Neu Delhi/Teheran/Wien. "Wir haben es geschafft und brauchen keine US-Einmischung": Mehr als eine Woche nach seiner Pakistan- und Indienreise zieht Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad eine positive Bilanz seiner außeriranischen Wirtschaftspolitik.
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Nach fünf Jahren hatte erstmals ein iranisches Staatsoberhaupt indischen Boden betreten und war mit allen Ehren von Premierminister Manmohan Singh und Präsidentin Pratibha Patil empfangen worden, um über den Bau einer Gaspipeline von Iran über Pakistan nach Indien zu sprechen. In einem Monat soll das historische 7,5 Milliarden Dollar Gasprojekt zwischen Iran, Pakistan und Indien (IPI) zum Vertragsabschluss kommen. Die freundlichen Gesten der Inder gingen einher mit einem deutlichen Rüffel Neu Delhis für Washington: Als die Amerikaner ihren Unmut gegen den Besuch Ahmadinejads zur Sprache brachten, antwortete das Außenministeriums in Neu Delhi pikiert, Indien und Iran seien alte Zivilisationen, die seit Jahrhunderten Kontakt pflegten. Keiner der beiden Staaten brauche eine Anleitung für seine bilateralen Beziehungen. Nachsatz: von niemandem.
US-Druck ignoriert
Die USA toben, denn in den letzten Jahren hatte man starken Druck auf Neu Delhi und Islamabad ausgeübt, die Gas-Verhandlungen mit Iran platzen zu lassen. US-Präsident Bush hatte Indien im Frühjahr 2006 sogar einen "Nuklear-Deal" angeboten, der die Zusammenarbeit im Bereich der zivilen Nutzung von Atomenergie vorsieht - nicht zuletzt, um eine engere Zusammenarbeit Neu Delhis mit Teheran im Energiebereich zu verhindern. Bushs Angebot eines Nuklear-Abkommens liegt wegen des Widerstandes der linken Koalitionspartner der Kongressregierung jedoch weiterhin auf Eis.
Auch sonst wendet sich Delhi in Sachen Teheran zunehmend von Washington ab. Auf Druck der USA hatte Indien 2005 und 2006 bei den Abstimmungen in der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) gegen Iran gestimmt, was in Teheran nicht goutiert wurde. Seither tun die Inder alles, um die traditionell guten Beziehungen zum Iran wieder zu normalisieren. Im Streit um die Urananreicherung in dem Land hat Indien die Konfliktparteien zum Dialog aufgerufen.
Iran baut Gasmacht aus
All das erinnert an die Reaktion der Schweizer, die vor einem Monat Außenministerin Calmy-Rey nach Teheran schickten, um einen milliardenschweren Gasvertrag unter Dach und Fach zu bringen. Die Schweiz weigert sich vehement, den Amerikanern Rechenschaft über Vertragsdetails abzugeben und bezeichnet den Iran-Deal als politisch legitim. In Washington werden die "iranischen Errungenschaften" abgelehnt, weil sie die Bemühung, Teheran politisch und wirtschaftlich zu isolieren, unterlaufen.
Indien war nicht die einzige Station auf Ahmadinejads Asientour: Zuvor war er bereits in Pakistan und Sri Lanka, um die wirtschaftlichen Beziehungen anzukurbeln. Zunächst hatte Ahmadinejad in Islamabad mit Präsident Pervez Musharraf über das IPI-Projekt gesprochen und eine bilaterale Einigung erzielt. Indiens Bedenken betreffend der Sicherheit und der Abhängigkeit von pakistanischem Wohlwollen will man gemeinsam aus dem Weg räumen. Auch in Sri Lanka versuchte Irans Staatschef Wirtschaftsverträge (mit 2 Mrd. Dollar Volumen) vorzubereiten. In nur einem Monat will Ahmadinejad die fertigen Verträge des IPI-Projektes präsentieren.
Es wäre - kurz vor Ahmadinejads Reise nach Moskau ein weiteres Indiz, dass die iranische Diplomatie die Sanktionsmaschinerie des Westens geschickt umläuft.