Die heimischen Bierbrauer hat die Corona-Krise hart getroffen. Nun bangen sie um das Wintergeschäft auf den Hütten.
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Dort, wo sonst das Bier in Strömen fließt, blieben die Zapfhähne wochenlang trocken. Bars, Restaurants und Gaststätten waren geschlossen. Festivals wurden abgesagt, Konzerte verschoben. Doch die Wirtshäuser leben von ihren Gästen. Und die Brauereien von ihren Wirtshäusern. Der Lockdown, der aufgrund der Corona-Pandemie verhängt wurde, hat die heimischen Betriebe zwischen Bregenz und Wien stark getroffen. Umsätze sind weggebrochen. Viele Brauereien schickten ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit und drosselten ihre Produktion.
311 Brauereien gibt es in Österreich. Sie erwirtschafteten 2019 einen Umsatz von rund 1,4 Milliarden Euro. 8,61 Millionen Hektoliter Bier wurden im Inland produziert. Heuer wird es definitiv weniger sein.
Manche haben die Krise gerade so mit den staatlichen Hilfen gestemmt, große Betriebe zehren von ihren Rücklagen. Fünf Monate, nachdem die Pandemie Österreich getroffen hat, herrscht bei den Brauereien jedenfalls noch keine Normalität, wie ein Rundruf der "Wiener Zeitung" zeigt.
"Die Corona-Krise hat uns enorm getroffen. Wir machen 60 Prozent unseres Umsatzes mit der Gastronomie", sagt Josef Rieberer, Geschäftsführer der Brauerei Murauer in der Steiermark. Sie beliefert normalerweise rund 3000 Gaststätten mit Fassbier. "Man kann sich leicht ausrechnen, was da verloren geht", sagt Rieberer. Vor der Corona-Krise florierte das Geschäft mit den Wintertourismus. Das Virus hat es abrupt beendet.
Während des Lockdowns wurden keine Fässer abgefüllt. Verdorbene Ware, also abgelaufenes Bier, sei dennoch kein Problem gewesen. "Wir haben aufgrund von Corona keinen Liter Bier weggeschüttet", betont Rieberer. Statt Fässern setzte man auf die Flaschenproduktion. Diese sei "sehr gut gelaufen", sagt er, aber die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel seien nicht dieselben wie in der Gastronomie.
Im Handel herrsche ein harter Preiskampf: "Flaschen sind so günstig wie noch nie. Aber es war unser einziger Vertriebskanal", sagt er. Etwas dämpfen konnte den Umsatzverlust die Limonaden-Linie, die im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent gewachsen ist. Dies habe für eine Basis-Auslastung gesorgt.
Einbußen bis zu 20 Prozent
Rieberer hat seine 171 Mitarbeiter während des Lockdowns in Kurzarbeit geschickt. Nun ist die Produktion wieder angelaufen, die Arbeitsquote liegt bei 85 Prozent. Man sei jedoch noch nicht auf dem Vorjahresniveau. "Die Frühschoppen und Vereinsfeste im ländlichen Raum fehlen uns komplett", sagt der Brauerei-Chef. Murauer produziert normal rund 280.000 Hektoliter Bier pro Jahr. Rieberer rechnet heuer mit einem Rückgang von 18 bis 20 Prozent.
Einbußen wird auch die Stiegl Brauerei in Salzburg verkraften müssen. Im Gastro-Geschäft erwartet Geschäftsführer Thomas Gerbl ein Fünftel weniger Umsatz. "Wir werden unseren ursprünglichen Gastro-Plan bis Jahresende nach unten korrigieren müssen." Stiegl gehört mit einem Jahresausstoß von 890.000 Hektolitern - das entspricht rund 178 Millionen Krügerln Bier - zu den größten Brauereien in Österreich. Ins Ausland werden zusätzlich rund 90.000 Hektoliter exportiert.
Das Fassgeschäft, also die Belieferung von Gaststätten, macht bei Stiegl rund 40 Prozent aus. Gasthäuser sind ein traditionelles Standbein und wichtig für die regionale Verankerung. Rund 10.000 Gastro-Kunden bedient die Brauerei. Ein Großteil der Wirte hätte schon wieder aufgesperrt, sagt Gerbl. "Die Bestellmengen sind aufgrund der fehlenden Veranstaltungen allerdings verhalten." Von einer Vollauslastung könne man daher noch nicht sprechen.
Nach dem Lockdown läuft das Geschäft nun regional sehr unterschiedlich an. "In den Städten hinkt der Bier-Absatz, da der Städtetourismus noch nicht wieder in Schwung gekommen ist", sagt Gerbl. Daneben fehlen mit Clubs, Diskotheken und anderen Nachtlokalen wichtige Abnehmer. Auf dem Land haben sich die Gaststätten schneller erholt. Viele Betriebe würden wieder gut funktionieren. Vor allem im Süden Österreichs profitiere man vom Inlandstourismus.
Trotz geschlossenen Lokalen musste Stiegl nichts wegschütten. Das Bier in den Tanks wurde in Flaschen abgefüllt. Die Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel sei Gerbl zufolge extrem gewesen. Sie stieg um 30 Prozent.
Die Menschen deckten sich im Supermarkt mit Bier ein und tranken es zu Hause. In der Brauerei kamen die Mitarbeiter mit der Produktion kaum hinterher. Nun ist die Dynamik im Handel aber nicht mehr ganz so stark. "Wir spüren eine deutliche Abflachung", sagt Gerbl.
Die Supermarkt-Ketten freuten sich über mehr verkauftes Bier. Laut Handelsverband sind die Verkaufszahlen bei den führenden heimischen Lebensmittelhändlern teilweise zweistellig gewachsen. Dass die Händler vom steigenden Bierbedarf profitiert hätten, will Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will aber nicht andeuten. "Wir sind kein Krisengewinner. Die Anschaffung von Plexiglaswänden, Masken und anderen Hygienemaßnahmen haben das Plus aufgefressen".
Jedenfalls hat den Österreichern auch in der Krise das Bier geschmeckt. Die Haushaltsausgaben für Bier lagen 2019 bei rund 1,27 Milliarden Euro (ohne Gastronomie). "Für 2020 erwarten wir ein Plus von etwa sechs Prozent", sagt Will.
Totalausfall bei Events
Bei der Ottakringer Brauerei konnte der Verkauf von Flaschen und "16er-Blech" im Lebensmittelhandel die Verluste aus der Gastronomie nur teilweise abfedern. Geschäftsführer Matthias Ortner rechnet dort mit einem Wachstum von fünf bis zehn Prozent.
Die Traditionsbrauerei im 16. Wiener Gemeindebezirk produziert rund 470.000 Hektoliter Bier (inklusive Export) im Jahr. Heuer wird es wohl weniger sein. In den Krisenmonaten sei der Bier-Verkauf um 30 Prozent gesunken. Ottakringer brachen wichtige Events wie etwa das Donauinselfest und das Novarock Festival weg. "Im Eventbereich gibt es fast einen Totalausfall", sagt Ortner.
Bisher habe sich das Geschäft nur teilweise erholt. Kritisch sei die Situation nach wie vor in der von internationalen Touristen abhängigen Gastronomie. Dies betrifft vor allem die Wiener Innenstadt. Fest steht, dass die Corona-Krise das Ergebnis schmälern wird. 2019 erzielte Ottakringer einen Umsatz von 77 Millionen Euro. "Wir rechnen 2020 mit einem Umsatzrückgang von 20 Prozent", meint Ottakringer-Chef Ortner.
Vom Waldfest bis zum Frühschoppen: Corona-bedingt ist vieles abgesagt. Für die Brauereien bedeutet das einen Verlust. "Die Veranstaltungen fehlen uns natürlich", sagt Stiegl-Geschäftsführer Gerbl. Fraglich bleibt, wie Großveranstaltungen in Zukunft aussehen werden. Gerbl kann sich ein Bierzelt mit 2000 Menschen nur mehr schwer vorstellen. "Das wird in nächster Zeit wohl anders werden."
Die Tourismusbetriebe und mit ihnen die Brauereien bangen um das kommende Wintergeschäft. Wie soll man Tausende Menschen auf den Berg bringen und überall Hygiene-Maßnahmen einhalten? Und: Kommen die Gäste aus dem Ausland so zahlreich wie in den vergangenen Jahren? Bilder von Ski-Bars mit Hunderten Menschen auf engstem Raum gehören der Vergangenheit an.
So oder so, die Hütten müssen sich vorbereiten und beginnen bereits jetzt, sich mit Ware für die Saison einzudecken. Stiegl liefert etwa rund 30.000 Fässer Bier. Heuer sieht es jedoch düster aus. "Die Gastronomen sind bei den Bestellungen noch sehr vorsichtig", erzählt Gerbl. Der Auftragsrückgang beträgt 30 bis 50 Prozent. Die Wirte wissen ihrerseits nicht, wie die Liftbetriebe mit der Situation umgehen. Bei allen Beteiligten herrscht Unsicherheit. Ob das Bier beim Après-Ski heuer in Strömen fließt, bleibt also fraglich.