Wir brauchen eine Zusammenarbeit aller Parlamentskräfte in freien Mehrheiten.
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Nun sind die Neuwahlen also fixiert. Die ewigen Streitereien, der lähmende Stillstand und das heimliche Taktieren - all das hat uns in den vergangenen Jahren gequält und die Arbeit im Parlament behindert. Jetzt, da die Wahl vorgezogen wird, könnten endlich Vernunft und der Fokus aufs gemeinsame Arbeiten einkehren. Das Parlament könnte vereinbarte Reformen auf den Weg bringen. Die Betonung liegt auf "könnte". Denn mit dem Gezerre zwischen dem Kanzler und dem neuen ÖVP-Chef bleibt fraglich, ob die Abschaffung der heimlichen Steuererhöhung namens Kalte Progression noch gelingt. Gleichermaßen offen sind der Beschluss der Bildungsreform sowie die Umsetzung einer zeitgemäßen Arbeitszeitflexibilisierung.
Anstatt zu schauen, was sie für die Bürgerinnen und Bürger tun können, werden auch in den letzten Tagen der Großen Koalition parteitaktische Bedürfnisse nach vorn gestellt. Zukunftsvergessen und machtversessen gehen die Streitereien weiter. Zusätzlich hat der neue ÖVP-Chef angekündigt, dass seine ÖVP zur Besprechung neuer Themen in den nächsten fünf Monaten nicht zur Verfügung stehe. Er will sich weiter mit beeindruckenden Inszenierungen durchturnen und möglichst wenig inhaltliche Reibungsverluste in Kauf nehmen. Das klingt parteitaktisch logisch, ist aber eine Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger. Denn mit dieser Blockadehaltung ist wahrscheinlich, dass inhaltlich gar nichts mehr geht und der Wahlkampf bereits jetzt so richtig einsetzt. Da wird ein ebenso symbolträchtiges wie kostenneutrales Thema wie die Homo-Ehe im Koalitions-Gleichklang abgelehnt - obwohl sowohl der SPÖ- als auch der ÖVP-Chef im persönlichen Gespräch diese für richtig hielten. Aber man will wohl den Bauernbund-Funktionär im Waldviertel nicht verärgern und ihm keine "Last" an den Stammtisch mitgeben. Soviel zum Thema "Überzeugungen vor Taktik".
Die Hoffnung stirbt zuletzt, und wir Neos werden bis zum letzten Tag dieser Periode unsere Zusammenarbeit anbieten, um Lösungen für das Land und die Menschen zu beschließen. Mit einem "Pakt der Verantwortung", den wir vorgelegt haben, sollen dabei Wahlkampfzuckerl verhindert werden. Die "Wahnsinnsnacht" aus dem Jahr 2008, als kurz vor den Wahlen bis morgens um vier Uhr milliardenschwere Wahlkampfgeschenke beschlossen wurden, darf sich nicht wiederholen. Ein Pakt aller Parlamentskräfte soll daher gewährleisten, dass neue Maßnahmen keine Mehrkosten auslösen. Sie sollten weitestgehend kostenneutral oder eindeutig gegenfinanziert sein - mit Ausnahme der bereits im Regierungsprogramm festgeschriebenen Reformvorhaben. So können die verbleibenden Monate für die Bürgerinnen und Bürger genutzt werden - mit einem lebendigen Parlamentarismus, der alle politischen Kräfte einbindet. Das wäre ein echter Fortschritt, der sich auch in der verstärkten Zusammenarbeit aller Parlamentskräfte in der nächsten Legislaturperiode fortsetzen sollte. Dass das keine naive Utopie ist, zeigt ein Blick nach Norwegen oder Dänemark, wo Arbeitsübereinkommen zwischen Regierung und Opposition durchaus üblich sind - im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.